Reformationsempfang: Evangelische Kirchen betonen Schöpfungsverantwortung

 
von Evangelischer Pressedienst

Bischof Chalupka: Wollen beim Klimaschutz Vorreiter sein – Bundesministerin Gewessler: Jetzt Weichen stellen

Wien (epdÖ) – Im Zeichen des Klimawandels und der Bewahrung der Schöpfung, aber auch im Zeichen umfangreicher Corona-Schutzmaßnahmen stand der diesjährige Reformationsempfang der Evangelischen Kirchen am Dienstag, 20. Oktober. Bei dem traditionellen Empfang im Vorfeld des Reformationstags am 31. Oktober rief Umwelt- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler dazu auf, “jetzt die Weichen zu stellen”, gemeinsam Bewusstsein für den Klimawandel zu schaffen und Maßnahmen gegen die Klimakrise zu setzen. Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka – gemeinsam mit dem reformierten Landessuperintendenten Thomas Hennefeld und dem methodistischen Superintendenten Stefan Schröckenfuchs Gastgeber des Empfangs in der Wiener Auferstehungskirche – erinnerte an die “gut evangelische Tradition, Verantwortung für diese Welt” zu übernehmen. Beim Bewusstsein um den ökologischen Fußabdruck und beim Klimaschutz wolle die Evangelische Kirche “Vorreiter und nicht Nachzügler sein”, so der Bischof. Vergeben wurden im Rahmen der Feier der Diakoniepreis für Sozialprojekte aus dem Bereich von Kirche und Diakonie sowie der Preis für die beste vorwissenschaftliche Arbeit im Fach Religion. Aufgrund der Corona-Pandemie konnte der Reformationsempfang heuer nur mit einer stark reduzierten Zahl von Besucherinnen und Besuchern stattfinden. Erstmals wurde daher der Reformationsempfang live auf dem YouTube-Kanal der Evangelischen Kirche übertragen.

Festrednerin des diesjähringe Reformationsempfangs war Bundesministerin Leonore Gewessler. Foto: epd/Uschmann

In ihrer Festrede betonte Umwelt- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler das Potenzial der Kirchen und Religionsgemeinschaften, Menschen in der Klimakrise dazu zu bewegen, Verantwortung zu übernehmen. Die notwendigen Schritte dafür, der fortschreitenden Erderwärmung Einhalt zu gebieten, seien bekannt. Nun gehe es darum, “Mut aufzubringen, die Antworten in Taten umzusetzen”, so Gewessler. Die Politik könne dafür Rahmenbedingungen schaffen; den Religionsgemeinschaften gelänge es jedoch, die Menschen innerhalb der Gemeinschaft zu erreichen, der sie sich zugehörig fühlten, “nicht nur allein, sondern gemeinsam mit anderen.”

“Christinnen und Christen sind es gewohnt, sich für etwas einzusetzen, bei dem die Kraft eines einzelnen Menschen nicht ins Gewicht zu fallen scheint”, erinnerte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka in seinen Grußworten. Zweifel an der Wirksamkeit individueller Maßnahmen zur Bewahrung der Schöpfung dürften daher nicht als Ausrede gelten, sondern sollten vielmehr ein Ansporn sein – gerade für die Evangelische Kirche in Österreich, die es gewohnt sei, “als Minderheit in der Diaspora zum Wohlergehen des Ganzen” beizutragen. “Wir müssen nicht darauf warten, bis uns politische Regelungen dazu zwingen, sondern können selbst Verantwortung übernehmen.”

Brachten ihre Visionen einer Zukunft zum Ausdruck, die verantwortungsvoll mit der Schöpfung umgeht: Katharina Rogenhofer, Judith Klaiber, Edina Sadikovic und Francesca Christ (v.r), hier gemeinsam mit Moderatorin Julia Schnizlein. Foto: epd/Uschmann

Vier Expertinnen aus unterschiedlichen religiösen Hintergründen drückten beim Reformationsempfang ihre Erwartungen angesichts des Klimawandels aus. “Wir müssen mehr machen, als ein Mal auf´s Plastiksackerl zu verzichten”, sagte Katharina Rogenhofer, Bundessprecherin des Klimavolksbegehrens, vielmehr brauche es “jede Bürgerin und jeden Bürger” ebenso wie eine “mutige Klimapolitik”. Edina Sadikovic von der Muslimischen Jugend erinnerte daran, dass sich Musliminnen und Muslime aus ihrem Glauben heraus für “Frieden und Gerechtigkeit” einsetzen wollen, als “junge Menschen geht es uns darum, Verantwortung gegenüber unserer Gesellschaft und Umwelt wahrzunehmen”. Die römisch-katholische Theologin Judith Klaiber wünscht sich eine Gesellschaft, die sich durch Solidarität und Gemeinwohlorientierung auszeichnet, die ein “Beieinander trotz Differenzen” organisiert und in der die Menschenwürde unantastbar bleibt. Auf die kleinen Schritte zum Klimaschutz, die in einer Gemeinschaft wie der Pfarrgemeinde gesetzt werden können, wies Francesca Christ von der Evangelischen Jugend Salzburg-Tirol hin, “Kirche ist ein Ort, wo wir gemeinsam etwas schaffen können”.

Den mit 10.000 Euro dotierten und von der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich gestifteten Diakoniepreis teilen sich 2020 die Projekte “Erdbeere-Schoko-Vanille” (Gols/Burgenland) und “DIyoungKonie” (Mödling/Niederösterreich). Während man in Gols versuchte, in Kooperation mit einer regionalen Eismanufaktur einen Ort der Begegnung und Inklusion zu schaffen, zielten die Initiatoren in Mödling darauf ab, das diakonische Engagement junger Menschen zu fördern. In seiner Würdigung sagte Synodenpräsident Peter Krömer, der den Preis überreichte: “Auch in diesem Jahr ist es wichtig, dass wir den Diakoniepreis verleihen dürfen, ist er doch eine Auszeichnung für bestimmte Leuchtturmprojekte, die zum Nachahmen animieren sollen.” Thomas Haider, stellvertretender Direktor der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, erinnerte daran, wie sehr die letzten Wochen und Monate die Wichtigkeit gezeigt hätten, nicht nur medizinische Einrichtungen zur Verfügung zu haben, sondern “dass wir auch Empathie und Eigenverantwortung besitzen”. Dafür stünden alle eingereichten Projekte.

Den Preis für die beste vorwissenschaftliche Arbeit im Fach Religion erhielt Emma Breit vom Wiener Musikgymnasium. Sie hatte sich in ihrer Arbeit mit der Frage der Grenze künstlerischer Freiheit auseinandergesetzt und dabei den Streit um islamkritische Karikaturen zum Ausgang genommen. Der für Religionsunterricht zuständige Oberkirchenrat Karl Schiefermair würdigte die Arbeit der Schülerin, die “ein derart komplexes und umfangreiches Thema klar strukturiert und sprachlich bestens gemeistert” habe, indem sie das beginnend mit dem Karikaturenstreit von 2006 über die Anschläge auf die Redaktion von Charlie Hebdo 2015 aufbereitete. Durch die Ermordung von Samuel Paty habe das Thema traurige Aktualität erhalten. Schiefermair rief die Besucherinnen und Besucher dazu auf, innezuhalten, um so Solidarität mit dem französischen Lehrer auszudrücken.

Durch den Reformationsempfang führten die Pfarrerinnen Julia Schnizlein und Eva Harasta. Für die musikalische Gestaltung sorgte in der Wiener Auferstehungskirche ein Jazz-Trio der Johann-Sebastian-Bach-Musikschule.

Auf dem YouTube-Kanal der Evangelischen Kirche in Österreich können Sie den Reformationsempfang auch im Nachhinein sehen.

Bilder vom Reformationsempfang finden Sie unter: foto.evang.at

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