OÖ: Kirchen gegen Lockerungen der Gesetze zur Suizidbeihilfe

 
von Evangelischer Pressedienst

Warnung vor „Aushöhlung fundamentaler gesellschaftlicher und moralischer Werte“

Linz (epdÖ) – Vor den Auswirkungen einer Aufhebung oder Lockerung des bestehenden Verbots der Suizidbeihilfe haben die Kirchen in Oberösterreich in einer gemeinsamen Stellungnahme gewarnt. „Anstatt die Beihilfe zum Suizid als eine normale Möglichkeit mit dem Sterben umzugehen zu etablieren, setzen wir uns dafür ein, Menschen in der Situation unerträglichen Leidens beizustehen, sie zu begleiten und zu betreuen, uns um ihren Leib und um ihre Seele zu sorgen, ihrem Leid nicht auszuweichen, sondern uns ihm zu stellen und im Sinne eines ‚Mit-Leidens‘ daran Anteil zu nehmen“, heißt es in dem Schreiben, das am Donnerstag, 10. September, in Linz in einer Pressekonferenz des „Forums christlicher Kirchen in Oberösterreich“ vorgestellt wurde. Für die Kirchen beteiligten sich daran der oberösterreichische evangelische Superintendent Gerold Lehner, der römisch-katholische Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer, Pfarrer Sorin Bugner von der Rumänisch-orthodoxen Pfarre Linz, Pfarrer Martin Eisenbraun, Generalvikar der Altkatholischen Kirche Österreich, und Oberarzt Johann Zoidl, Vorstand der Palliativstation St. Louise am Ordensklinikums Linz. Anlass für die gemeinsame Stellungnahme ist die Aufhebung des Suizidhilfeverbots in Deutschland im vergangenen Februar sowie die bevorstehende Beratung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs zu dem Thema. Der VfGH wird am 24. September zu einer öffentlichen Verhandlung zusammenkommen.

Superintendent Lehner sprach in seinem Statement von einem Thema, „das mit dem Inneren des Menschseins zu tun hat und damit, wie eine Gesellschaft mit dem Sterben umgeht“. Das Urteil in Deutschland sei weitreichend, die Reaktionen darauf seien heftig gewesen, so Lehner. Zur Verdeutlichung zitierte er einen Punkt aus dem deutschen Urteil: „Die Entscheidung des Einzelnen, seinem Leben entsprechend seinem Verständnis von Lebensqualität und Sinnhaftigkeit der eigenen Existenz ein Ende zu setzen, ist im Ausgangspunkt als Akt autonomer Selbstbestimmung von Staat und Gesellschaft zu respektieren.“ Da das Thema nun auch am österreichischen Verfassungsgerichtshof behandelt werde, wolle man darüber reden, „weil wir glauben, dass es einer Gesellschaft gut ansteht, solche zentralen Dinge zu diskutieren und nicht Gerichte über solche Fragen entscheiden zu lassen“.

Die Stellungnahme im Detail

Die oberösterreichischen Kirchenvertreter anerkennen in ihrer Stellungnahme, dass Menschen „in Situationen großen Leides, in denen sie keinen Ausweg mehr erkennen können und in denen keine Besserung möglich erscheint“, oft nicht mehr weiterleben wollen. Der Position von Befürwortern der Sterbehilfe, es gebe ein Recht auf einen selbstbestimmten Tod und damit auch Suizid, entgegenen sie aber mit dem Verweis auf die grundsätzliche Abhängigkeit und Angewiesenheit des Menschen. „Die meisten Entscheidungen die wir treffen haben Auswirkungen auf andere. Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben kann deshalb keineswegs ohne Einbeziehung der familiären, sozialen und gesellschaftlichen Auswirkungen diskutiert werden.“

Zudem zeige die Beobachtung einer Lockerung der entsprechenden Gesetze in anderen Ländern, dass dadurch die Gründe, „die für eine aktive Beendigung des Lebens akzeptiert werden“, immer weiter gefasst würden. Das beträfe „die Aushöhlung fundamentaler gesellschaftlicher und moralischer Werte“, so dass etwa beeinträchtigtes Leben als nicht mehr lebenswert erachtet werde. „Die Straffreiheit bei Beihilfe zum Suizid führt nicht unbedingt zu Autonomie und Freiheit von Betroffenen, sondern kann auch für Leidende und Sterbende zu einem gesellschaftlichen Erwartungsdruck oder zu einer rein ökonomischen Sicht auf Pflege und Palliativmedizin führen.“

Die Kirchenvertreter plädieren so statt einer Aufhebung des Verbots der Suizidbeihilfe für mehr Betreuung und Begleitung: „Auch wo ein Mensch mit seinem Leben abgeschlossen hat, hört die Verpflichtung von Kirche und Gesellschaft nicht auf, der sterbenden Person kontinuierliche Pflege, Schmerzlinderung, menschliche Gesellschaft, Unterstützung und geistlichen Beistand zu geben.“

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