Evangelische Kirche begrüßt neuen Ethikunterricht
Gleichbehandlung aller Schülerinnen und Schüler bei Bildung von Unterrichtsgruppen erforderlich
Wien (epdÖ) Die Evangelische Kirche A.u.H.B. in Österreich begrüßt die geplante Einführung eines Pflichtgegenstandes Ethik ab der 9. Schulstufe für all jene Schülerinnen und Schüler, die keinen konfessionellen Religionsunterricht besuchen.
In der von Bischof Michael Chalupka und Oberkirchenrat Karl Schiefermair unterzeichneten Stellungnahme des Oberkirchenrates A.u.H.B. wird daran erinnert, dass sich die Evangelische Kirche bereits seit den 1990er Jahren für die Einführung des Ethikunterrichts, wie er nun geplant ist, eingesetzt hat. Neben dem grundsätzlich positiven Votum weist die Evangelische Kirche in der Stellungnahme jedoch auch auf Problemfelder hin.
Zum einen sei die Stellung des Religionsunterrichts an den Berufsschulen ungeklärt. So ist Religion an Berufsschulen in Tirol und Vorarlberg Pflichtgegenstand, sonst Freigegenstand. Das wiederum lasse eine bundesweite und einheitliche Bestimmung über die Einführung eines Pflichtgegenstandes Ethik nicht zu. Hier regt die Evangelische Kirche an, die Bestimmungen dahingehend zu ändern, dass Religion Pflichtgegenstand an allen berufsbildenden Pflichtschulen wird. „Somit könnte für Berufsschüler und Berufsschülerinnen auch ein Ethikunterricht verpflichtend eingeführt werden, den wir für diese Schülerpopulation als dringlich erachten, sofern sie keinen Religionsunterricht besuchen“, heißt es in der Stellungnahme. Daher unterstütze die Evangelische Kirche die von der GÖD-Gewerkschaft Berufsschule eingebrachte dementsprechende Stellungnahme.
Zum anderen verweist die Evangelische Kirche auf die besondere Rolle als Minderheitenkirche. Hier lege man „besonderen Wert“ auf die Feststellung, dass Schüler und Schülerinnen, die zu einem Religionsunterricht angemeldet sind, bei der Bildung von Religionsunterrichtsgruppen wie Schüler und Schülerinnen zu zählen sind, die den Religionsunterricht als Pflichtgegenstand besuchen. Hier gehe es um „Gleichbehandlung aller Schüler und Schülerinnen“. Es könne daher nicht sein, dass einzelne Schüler und Schülerinnen in dem einen Gegenstand Ethikunterricht zur Gruppenbildung zählen, in einem anderen (Freigegenstand Religion, der wie ein „Pflichtgegenstand zu werten“ ist) nicht. Die anders gestaltete Praxis in einzelnen Bildungsdirektionen sei daher abzustellen.
Ferner fordert die Evangelische Kirche in der Stellungnahme die Aufnahme der Theologie als Bezugswissenschaft zum Ethikunterricht, eine Forderung, die bereits auch die Dekane der theologischen Fakultäten gemeinsam erhoben haben.
Zudem merkt die Evangelische Kirche an, dass sie mittelfristig auch die Ausweitung des Ethikunterrichts auf die Sekundarstufe I und die Primarstufe begrüßt. Gleichzeitig wolle sie, so die Evangelische Kirche in der Stellungnahme, zu einem „konstruktiven Miteinander des Ethikunterrichts und des Religionsunterrichts“ an den Schulstandorten beitragen.
Die Stellungnahme der Evangelischen Kirche wurde im Rahmen der Begutachtungsfrist für den ab dem Schuljahr 2021/2022 geplanten Ethikunterricht abgegeben. Die Frist endete am vergangenen Freitag. Der Wortlaut der Stellungnahme ist hier abrufbar.