Religionsvertreter stellen sich hinter Klimavolksbegehren
Chalupka: „Sind dazu da, Herzen und Hirne zu bewegen“
Wien (epdÖ) – Die Vertreter von sechs österreichischen Kirchen und Religionsgemeinschaften haben ihre Unterstützung für das Klimavolksbegehren ausgesprochen, das von 22. bis 29. Juni zur Unterschrift aufliegt. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwoch, 24. Juni, erklärten der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka, der römisch-katholische Kardinal Christoph Schönborn, Ümit Vural, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Ćilerdžić, Gerhard Weissgrab, Präsident der Buddhistischen Religionsgesellschaft (ÖBR), und Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) die Bedeutung der Klimafrage aus einer religiösen Perspektive.
„Die Religionsgemeinschaften sind dafür da Hirne und Herzen zu bewegen“, rief Bischof Chalupka in seinem Statement dazu auf, mit dem eigenen Bewusstsein wissenschaftlichen Problemanalysen und Lösungsansätzen zu folgen. Wie das schnell und konsequent geschehen könne habe man zuletzt in der Coronakrise gesehen. Es sei den Menschen aufgetragen, die Erde zu bewahren und nicht zu zerstören. Auch dürfe man nicht auf „Klimaapartheid“ hoffen und darauf, dass „es uns in Europa nicht so schlimm treffen wird“. Chalupka verwies zudem auf Maßnahmen, die die Evangelische Kirche in der vergangenen Jahren bereits gesetzt habe, etwa die Ausarbeitung eines Nachhaltigkeitsleitfadens oder die Entwicklung der „Klimakollekte“ als Kompensationsfonds für derzeit noch unvermeidbare CO2-Emissionen: „Wir wissen aber, dass das nur ein Zwischenschritt sein kann.“ Wie die Kirche alles daran setzt, die Pariser Klimaziele zu erreichen, seien dahingehende Anstrengungen auch von der Regierung zu erwarten.
Schönborn: „Können in kranker Welt nicht gesund werden“
„Die Klimafrage ist die Frage der Zukunft der Welt“, sagte Kardinal Schönborn und erinnerte insbesondere an die Abholzungen im Amazonasgebiet. Die Coronakrise habe die Verbindung aller Menschen miteinander deutlich gemacht. Wie das Virus mache die Klimakrise keine Unterschiede zwischen Menschen, auch wenn sozial Schwächere am meisten betroffen seien. Er zitierte Papst Franziskus, der gesagt hatte: „Wir können nicht verlangen, in einer kranken Welt gesund zu bleiben.“ Es liege an uns, den Trend umzukehren.
Ćilerdžić: „Schulter an Schulter“
Er freue sich besonders über das Anliegen der Verrechtlichung des Klimaschutzes, betonte der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Ćilerdžić und sprach seine Anerkennung für das Thesenpapier der Initiatoren des Volksbegehrens aus: „All das, was hier erarbeitet worden ist, ist ein Anliegen des allgemeinen Bewusstseins unserer Tage.“ Im Verein der Religionsgemeinschaften wolle man zusammenstehen um Schulter an Schulter dieses Thema zu besprechen.
Deutsch: „Niemand wird für euch Erde reparieren“
IKG-Präsident Oskar Deutsch erinnerte an die Schöpfungsgeschichte in der Tora, in der den Menschen aufgetragen wurde, den Garten Eden zu bearbeiten und zu beschützen. Die jüdischen Weisen erklärten dazu: „Wenn ihr die Erde zerstört, wird sie niemand für euch reparieren.“ Da die Menschen nur einen Planeten hätten sei der Umgang damit „eine der wichtigsten Fragen überhaupt“. Die Welt zu schützen um sie für Kinder, Enkelkinder und viele weitere Generationen bewohnbar zu halten müsse als Gebot für die gesamte Menschheit verstanden werden.
Vural: „Gleichgewicht zwischen Natur, Gott und Mensch“
„Es braucht ein Gleichgewicht zwischen Natur, Gott und Mensch“, unterstrich IGGÖ-Präsident Ümit Vural. In der islamischen Tradition gebe es viele praktische Hinweise, wie mit der Umwelt umzugehen sei: Etwa das Verbot, Wälder zu roden, das Gebot, Tiere gut zu behandeln, oder der sparsame Umgang mit Wasser. Es seien die jungen Generationen, die in den vergangenen Monaten und Jahren die Herausforderungen des Klimawandels ins Bewusstsein gebracht hätten: „Und es geht um ihre Zukunft.“
Weissgrab: „Unsere Aufgabe: Bewusstsein zu schaffen“
ÖBR-Präsident Gerhard Weissgrab erinnerte in seinem Statement an einen Grundsatz buddhistischer Theologie, wonach „alles mit allem in Verbindung ist und einander bedingt“. Jede Handlung habe Folgen – heilsame, unheilsame oder neutrale. Dass wir uns oft als getrennt von unserer Umwelt wahrnehmen sei der Grund für vieles Unheil. Die Einsicht in die Interdependenz aller Handlungen könne gerade in Sachen Klimaschutz ein motivierender Ansatz sein. Auch hob er hervor, dass nicht nur Menschen, sondern gleichermaßen Tiere vom Klimawandel betroffen seien. „Unsere Hauptaufgabe aus buddhistischer Perspektive: Bewusstsein zu schaffen.“
Bis zum Vorabend der Pressekonferenz hatten nach Angaben der Initiatoren 178.000 Menschen das Volksbegehren unterschrieben. Dessen Kernforderungen sind die Aufnahme des Rechts auf Klimaschutz in die Verfassung, der Stopp des Ausstoßes von CO2 aus fossilen Brennstoffen, der Abbau „klimaschädigender Subventionen“ und eine „ökosoziale Steuerreform“, sowie eine „Mobilitäts- und Energiewende“. Im Vorfeld der Eintragungswoche für das Volksbegehren hatten bereits unter anderem die kirchlichen Umweltbeauftragten zur Unterschrift aufgerufen: https://bit.ly/Volksbegehren_Umweltbeauftragte