Muttertag

Maria Katharina Moser über Anna Marie Jarvis

 
von Evangelischer Pressedienst
"Anna Marie Jarvis war die Kommerzialisierung des Muttertags ein Dorn im Auge. Sie bereute, diesen Feiertag ins Leben gerufen zu haben." Foto: wikimedia
"Anna Marie Jarvis war die Kommerzialisierung des Muttertags ein Dorn im Auge. Sie bereute, diesen Feiertag ins Leben gerufen zu haben." Foto: wikimedia

Maria Katharina Moser über Anna Marie Jarvis

Corona stört heuer die Muttertags-Routine. Keine im Kindergarten gebastelten Geschenke. Keine in der Schule geprobten Gedicht- und Gesangseinlagen. Keine Großfamilientreffen im Gastgarten, die Gastronomie darf erst Mitte Mai wieder öffnen. Immerhin sind die Blumengeschäfte bereits offen.

Wenn die Routine gestört ist, ist es eine gute Zeit, um über die Routine nachzudenken.

Die Begründerin des Muttertags heißt Anna Marie Jarvis. Die gläubige Methodistin hat am 12. Mai 1907 einen Gedenkgottesdienst initiiert, zum zweiten Jahrestag des Todes ihrer Mutter Ann Maria Reeves Jarvis, die sich für Frieden und Sozialdienste engagierte. Sie hatte 1858 „Mothers Days Works Clubs“ ins Leben gerufen, auf deren Agenda der Kampf gegen die hohe Kindersterblichkeit und Gesundheitsförderung für Familien standen. Während des amerikanischen Bürgerkriegs (1861-65) organisierte sie „Mother’s Friendship Days“. Im Rahmen dieser Mütter-Freundschaftstage wurden Verwundete beider Kriegsparteien mit dem Lebensnotwendigen versorgt.

Zu ihrem dritten Todestag 1908 wurde der erste offizielle Muttertag gefeiert. Ihre Tochter Anna Marie verteilte zum Gedenken an ihre Mutter und deren Lebenswerk und zu Ehren aller Mütter fünfhundert Nelken, die Lieblingsblumen der Mutter. Die soziale und die Friedensbotschaft, die Anna Marie Jarvis mit dem Muttertag verband, wurden schnell vergessen. Geblieben sind die Blumen. Rasch gesellten sich Schokolade- und Parfümhersteller zu den Blumenhändlern und steigerten mit dem Muttertag ihre Umsätze. Anna Marie Jarvis war die Kommerzialisierung des Muttertags ein Dorn im Auge. Sie bereute, diesen Feiertag ins Leben gerufen zu haben. „Ich wollte, dass er ein Tag des Mitgefühls, nicht des Profits ist“, erklärte sie. 1923 wanderte sie wegen ihres Protests sogar ins Gefängnis. Sie versuchte auch, die Feier des Muttertags gerichtlich unterbinden zu lassen. In den Prozessen verlor sie alles und konnte das Altenheim, in dem sie ihre letzten Lebensjahre verbrachte, nicht bezahlen. Die Blumenhändler wussten wohl, wem sie ihre Umsätze zu verdanken hatten, und übernahmen klammheimlich die Kosten.

Heute sollte beides Platz haben am Muttertag: die Freude an den Blumen und das Nachdenken darüber, wie den vielen Müttern und Kindern, die wegen der Coronakrise unter die Armutsgrenze rutschen, geholfen werden kann.

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