Religionen betonen Zugehörigkeit des Menschen zur Schöpfung

 
von Evangelischer Pressedienst

Chalupka: Bei Frage der ökologischen Spiritualität noch am Anfang

Wien (epdÖ) – Die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit aller Glaubensrichtungen in der Umweltfrage und einer Rückbesinnung auf die Zugehörigkeit des Menschen zur Schöpfung haben Vertreterinnen und Vertreter von Kirchen und Glaubensgemeinschaften betont. Ansätze einer „ökologischen Spiritualität“ skizzierten bei einem Podiumsgespräch am Freitag, 21. Februar, in Wien, der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka, der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic, der Präsident der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft Gerhard Weißgrab, die Islamwissenschaftlerin und Buchautorin Ursula Fatima Kowanda-Yassin und die Sprecherin der kirchlichen Umweltbeauftragten, Hemma Opis-Pieber.

Die Religionsgemeinschaften stünden bei der Frage einer ökologischen Spiritualität noch ganz am Anfang, gestand der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka ein. „Wir sind sehr auf den Menschen und sein Schicksal konzentriert, auf die Rettung des Menschen. Eine ökologische Spiritualität, die die ganze Natur umfasst, ist uns eigentlich fremd“, so Chalupka. Vor allem im Ersten Testament gebe es aber Spuren, die den Blick weiten könnten. Mit der biblischen Sintflut habe die Menschheit ja eine umfassende ökologische Krise bereits durchlebt. In deren Folge habe Gott mit den Menschen, aber auch den Tieren und Pflanzen, einen Bund geschlossen. Ein zweiter Ansatz finde sich im Lob der Schöpfung in den Psalmen: „Hier gibt es zu entdecken, dass auch die Natur selbst Gott lobt.“ Der Protestantismus helfe darüber hinaus, angesichts apokalyptischer Szenarien Gelassenheit zu bewahren: „Wir wissen, es ist nicht alles in unserer Hand, wir sind bewahrt in der Hand Gottes.“

Cilerdzic: Religionsgemeinschaften müssen Brücken bauen

Den Zusammenhang zwischen der Klimakrise und der bestehenden Wirtschaftsordnung unterstrich der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic in seinem Statement: „Die marktfundamentalistische Wirtschaftsordnung ist ein Verbrechen an Milliarden von Menschen.“ Cilerdzic ortet im Kampf gegen den Klimawandel einen „Einigungsprozess“: Die Kirchen und Religionsgemeinschaften seien aufgefordert, ihrer Aufgabe des gesellschaftlichen Brückenbaus nachzukommen: „Der Heilige Geist soll die Fähigkeit verleihen, im Prozess der Globalisierung mitzuwirken, damit dieser nicht an seinem Sinn vorbeigeht.“

Kowanda-Yassin: Nicht nur Koran, auch Natur heilig

Den Menschen sei ihre Verbindung mit der Schöpfung verloren gegangen, monierte die Islamwissenschaftlerin Ursula Fatima Kowanda-Yassin. Damit hätten sie auch das Bewusstsein für deren Wert eingebüßt. „Wenn ein Teil der Schöpfung Schaden nimmt, wirkt sich das auf die gesamte Schöpfung aus“, sagte die Verfasserin des Buches „Öko-Dschihad. Der grüne Islam“, die an der Sigmund Freud Universität in Wien lehrt. Natur sei das „mit dem wir sind“. Die Wiederentdeckung, dass nicht nur der Koran, sondern auch die Schöpfung heilig sei, wäre ein großer Schritt, so Kowanda-Yassin. Zudem gehe es darum, den Glauben auch in Taten umzusetzen: „Sonst ist mein Glaube nur die Hälfte wert.“

Opis-Pieber: Nicht mehr so überzeugt, dass Mensch Krone der Schöpfung ist

„Wir Katholiken und Katholikinnen sind nicht mehr so überzeugt, dass der Mensch die Krone der Schöpfung ist, bei allem was er angerichtet hat“, gab die Sprecherin der kirchlichen Umweltbeauftragten, Hemma Opis-Pieber, zu bedenken. Die Römisch-katholische Kirche habe das Thema Schöpfungsverantwortung lange Zeit vergessen gehabt und erst in den 70ern und 80ern wiederentdeckt. Sie selbst habe – als sie sich noch als Ehrenamtliche mit der Thematik befasste – regelmäßig gehört, das sei nicht „Kerngeschäft“ der Kirche: „Aber es gibt kein anderes Kerngeschäft als dort hinzuschauen, wo Not am Mann und der Frau ist“, so Opis-Pieber.

Weißgrab: In absoluter Sicht keine Trennung von Du und Ich

Eine eigene „ökologische Spiritualität“ könne es aus buddhistischer Perspektive nicht geben, da in der buddhistischen Weltsicht nichts voneinander abgetrennt werden könne, sagte Gerhard Weißgrab, Präsident der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft: „Unser Weltverständnis ist das Verständnis eines allumfassenden gegenseitigen Bedingens. In absoluter Sicht gibt es keine Trennung von Du und Ich. Mein Handeln hat immer Folgen für alle anderen und rückwirkend für mich selbst.“ Als oberste Regel gelte: Versuche, kein fühlendes Wesen zu töten oder zu verletzen. Das gelte für Tiere gleichermaßen wie für Menschen.

Das Podiumsgespräch im Bischofsamt der serbisch-orthodoxen Kirche in Wien moderierte Ernst Fürlinger von der Donau-Universität Krems. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Seminarreihe „Klimagerechtigkeit“ statt – einer Kooperation der Donau-Universität Krems, des Ökumenischen Rats der Kirchen in Österreich, und der Allianz für Klimagerechtigkeit.

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