Diakonie fordert von neuer Bundesregierung „Sozialmilliarde“

 
von Evangelischer Pressedienst
Die Forderungen der Diakonie präsentierten Lisa Jama vom Flüchtlingsdienst, Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser und Heinz Wieser vom Diakoniezentrum Spattstraße in Linz. Foto: epd/Windisch
Die Forderungen der Diakonie präsentierten Lisa Jama vom Flüchtlingsdienst, Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser und Heinz Wieser vom Diakoniezentrum Spattstraße in Linz. Foto: epd/Windisch

Moser: „Muss Antworten geben auf große Fragen unserer Zeit“

Wien (epdÖ) – Wenige Tage vor dem wahrscheinlichen Abschluss der Sondierungsgespräche zwischen ÖVP und Grünen hat die Diakonie ihre Wünsche an eine künftige Bundesregierung vorgelegt. Das Hauptaugenmerk legt das evangelische Hilfswerk dabei auf eine „Sozialmilliarde“. Die soll vor allem Kindern, Jugendlichen, Menschen mit Behinderung und Pflegebedürftigen zugutekommen und in die Bereiche Hospiz und Integration fließen. „Das Regierungsprogramm muss Antworten geben auf die großen Fragen unserer Zeit. Die Politik der vergangenen Jahre hat genau das nicht gemacht. Da hat man Menschen gegeneinander ausgespielt“, sagte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, 30. Oktober in Wien.

Dem Vorwurf, dass eine Sozialmilliarde nicht finanzierbar sei, nahm Moser den Wind aus den Segeln. Eine solide Absicherung von Lebenskrisen sei ein „Indikator für den Reichtum und Wohlstand in einer Gesellschaft“ und diene der Gesellschaft als Ganzer. Zudem hätten soziale Investitionen positive Auswirkungen auf die Wirtschaft. Der Sozialsektor habe ein großes Beschäftigungspotenzial, das noch ungenutzt bleibe, so Moser.

Gemeinsam mit Lisa Jama vom Flüchtlingsdienst und Heinz Wieser vom Diakoniezentrum Spattstraße in Linz präsentierte die evangelische Pfarrerin konkrete Forderungen aus verschiedenen Arbeitsbereichen der Diakonie. So brauche es öffentliche finanzielle Unterstützung für die Ausbildung zum Hospizbegleiter oder zur Hospizbegleiterin, sagte Moser. Aktuell übernähmen in Österreich 3.500 Menschen diese Aufgabe, die Kosten für die Grundschulung in Höhe von 350 bis 800 Euro tragen sie aber selbst. Schulungen brauche es auch für das Personal in stationären Einrichtungen: „Es wird hier mehr und schneller gestorben als früher. Die Pflegekräfte stehen vor einer großen Herausforderung, damit umzugehen“, so Moser.

Jama: Flüchtlinge oft auf sekundären Wohnungsmarkt gedrängt

Lisa Jama, Leiterin der Wohnberatung der Diakonie für AsylwerberInnen in Wien, forderte die Aufnahme von leistbarem Wohnen in das Regierungsprogramm. Finanziell schlechter gestellte Menschen müssten durch ordentliche und langfristige Mietverträge Stabilität bekommen – gerade bei Menschen mit zuerkanntem Asylstatus oder subsidiär Schutzberechtigten sei das nur selten der Fall. Durch überhöhte Provisionen oder Kautionen würden viele Menschen auf den sekundären Wohnungsmarkt gedrängt – in verschimmelte Wohnungen oder Kellerabteile, oft ohne Mietverträge: „Wer kein gesichertes Wohnverhältnis hat bekommt dauerhaft Probleme, sich genügend zu integrieren.“

Verschärft würde die Lage durch die Neuregelung der Sozialhilfe, die bis Anfang nächsten Jahres von den Bundesländern implementiert wird. Von den Kürzungen sind vor allem anerkannte Flüchtlinge mit schlechten Deutschkenntnissen und subsidiär Schutzberechtigte betroffen. Jama forderte zudem die österreichweite Finanzierung von – auch sprachlich – barrierefreier Delogierungsprävention und Mietrechtsberatung.

Wieser: Bundesweite Betreuungspflicht bis 21

Eine bundesweite Betreuungspflicht für Jugendliche und junge Erwachsene bis 21 will Heinz Wieser, Geschäftsführer des auf die Begleitung von Kindern und Jugendlichen spezialisierten Diakonie Zentrums Spattstraße in Linz, im Regierungsprogramm sehen. Während junge Menschen in Österreich mit durchschnittlich 25 Jahren das Elternhaus verließen seien Jugendliche in sozialpädagogischen Einrichtungen oder mobiler Betreuung mit 18 Jahren auf sich allein gestellt: „Die, die es als Kinder und Jugendliche am schwersten hatten, müssen am frühesten erwachsen sein. Das kann nicht gut gehen und geht in vielen Fällen auch nicht gut“, machte Wieser deutlich. Sie fänden oft keine Wohnung, seien psychisch überbelastet, bekämen häufig Probleme mit der Justiz oder seien besonders anfällig für Suchterkrankungen.

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