Nicht für die Schule, sondern für´s Leben lernen
Von Gott und der Welt – Michael Chalupka über Religion in der Schule
„Nicht für die Schule lernen wir, sondern fürs Leben“, heißt es. Unsere Religionsstunde begann meist mit einer Bibelrally. Wer findet am schnellsten bestimmte Verse in der Bibel? Darin war ich Meister und profitiere heute noch davon. Zwar werden nicht alle Pfarrer, doch allen kann das im Religionsunterricht erworbene Wissen Nutzen bringen.
Unsere Welt ist ohne Wissen über Religion nicht zu verstehen, im Guten wie im Bösen. Wer in den Ufficien in Florenz vor Botticellis „himmlischer Verkündigung“ steht, mag die Komposition und Farbgebung bewundern, versteht aber das Bild erst dann, wenn er die Geschichte von Jesu Geburt kennt. Auch die aktuelle Brexit-Debatte und der Streit um die Grenze auf der irischen Insel sind ohne die Geschichte des konfessionellen Konflikts in Irland nicht zu begreifen.
Religion ist zu schön und zu gefährlich zugleich, um sie ungebildeten Scharlatanen zu überlassen. Gläubige können ihren Glauben reflektieren und tiefer in ihre Tradition eintauchen. Interessierte lernen Kultur und Gesellschaft besser verstehen. Deshalb ist es gut, dass der Religionsunterricht von gut ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern in der öffentlichen Schule unterrichtet wird und nicht im Verborgenen passiert. Der Religionsunterricht ist nicht nur für Mitglieder einer Religionsgemeinschaft – alle, die die Welt der Religionen entdecken möchten, können sich anmelden.
Michael Chalupka ist Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich. Kontakt: *protected email*