Im Gespräch – „Heilsamer Humor“

Maria Katharina Moser über Heil und Heilung

 
von Evangelischer Pressedienst
"Heilung sei das eine; das andere sei, Heil zu erfahren – mit und ohne Behinderung. Humor bringt Heil, denke ich mir." Foto: pxhere
"Heilung sei das eine; das andere sei, Heil zu erfahren – mit und ohne Behinderung. Humor bringt Heil, denke ich mir." Foto: pxhere

Maria Katharina Moser über Heil und Heilung

Wenn man in einer Warteschlange steht, kann man was erleben. Der Kabarettist Rainer Schmidt, dem ich bei der „Diakonale 2019“ auf den Landesbühnen Sachsen lauschen durfte, erzählt von einem Warteschlangen-Erlebnis. Rainer Schmidt hat keine Unterarme und keine Hände und einen verkürzten rechten Oberschenkel. Er steht in der Warteschlange für die Registrierung beim Evangelischen Kirchentag. Vor ihm ein junger Mann in lässig-alternativem Outfit. Irgendwann dreht sich der junge Mann um. Sein Blick fällt auf Rainer Schmidts kurze Arme: „Wie ist das denn passiert“? „Hab ich seit meiner Geburt.“ „Tut das weh?“ „Nur, wenn du mit dem Messer rein stichst“, witzelt Rainer Schmidt. Darauf der junge Mann: „Soll ich für dich beten, damit Jesus dich heilt?“

Rainer Schmidt ist auch Pfarrer. Auf dem Kirchentag predigt er über die Geschichte vom blinden Bartimäus aus dem Markus-Evangelium, der bettelnd am Wegrand saß. Als er hörte, dass Jesus in der Nähe war, fing er an zu schreien. „Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! Und viele fuhren ihn an, er sollte schweigen. Er aber schrie noch viel mehr.“ „Wie werden ihn die Leute angesehen haben, diesen Ruhestörer?“ fragt sich Pfarrer Schmidt. Er findet es wunderbar, dass sich Bartimäus nicht mit seiner Situation abfindet und anschreit gegen die Ungerechtigkeit. Das zweite Wunderbare ist Jesu Reaktion. „Ruft ihn her!“ fordert er die Menschen auf. „Jesus schimpft die Menschen nicht aus. Sondern er spricht freundliche Worte zu den Menschen, und die verändern ihr Verhalten. Vorher haben sie Bartimäus in den Graben gestoßen, nun holen sie ihn aus dem Graben“, so Pfarrer Schmidt. „Aus Abweisenden werden Zugewandte.“ Als Bartimäus zu Jesus kommt, fragt ihn dieser: „Was willst du, dass ich für dich tun soll?“ Jesus weiß nicht von vornherein, was Bartmäus will oder braucht. „Das ist das dritte Wunder: Jesus nimmt Bartimäus ernst.“

Und die Heilung? Sollte man nicht ein Heilungswunder erwarten? So wie der junge Mann in der Warteschlange, der für Rainer Schmidts Heilung beten will? Tatsächlich, Bartimäus wünscht sich, sehend zu werden: „Und sogleich wurde er sehend und folgte ihm nach auf dem Wege.“ „Meine Behinderung ist nicht geheilt worden“, sagt Rainer Schmidt, „aber nachfolgen kann ich auch. Ich bin mitten drin. Heute durfte ich sogar die Predigt in einem Eröffnungsgottesdienst des Kirchentags halten. Da ist meine Behinderung plötzlich nicht mehr so wichtig.“

Auf der Bühne in Sachsen sagt er, er habe keine Krankheit, die man heilen kann, sondern eine Behinderung. Heilung sei das eine; das andere sei, Heil zu erfahren – mit und ohne Behinderung. Humor bringt Heil, denke ich mir, als Rainer Schmidt den nächsten Witz macht.

Dr. Maria Katharina Moser ist Direktorin der Diakonie Österreich. Kontakt: *protected email*

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