Wien – eine Metropole als Reformationsstadt

Die besondere Bedeutung der kaiserlichen Residenzstadt

Wien von oben: zwischen vielen Dächern ragt der Stephansdom heraus.

Aus dem Dächermeer erhebt sich der römisch-katholische Stephansdom.

Die österreichische Bundeshauptstadt ist ein kulturelles und politisches Zentrum Europas. Über Jahrhunderte residierten hier die Kaiser und prägten damit auch die Stadt. Dafür hat die UNESCO die Wiener Altstadt und das Schloss Schönbrunn als Weltkulturerbe anerkannt.

Als kaiserliche Residenzstadt kam Wien auch in der Reformationszeit eine besondere Rolle zu. An der Universität Wien studierten einige spätere Reformatoren, wie zum Beispiel der Zürcher Huldrych Zwingli (1484-1531). Ab 1520 breiteten sich evangelische Flugblätter in Österreich aus. Bereits im Januar 1522 predigte Paul Speratus (1484-1551), der Dichter des bekannten Kirchenlieds „Nun ist das Heil uns kommen her“, im Stephansdom evangelisch und wurde dafür exkommuniziert. Zwei Jahre später wurde der Tuchhändler Caspar Tauber für sein Bekenntnis zur Reformation in Wien hingerichtet. Doch in der Bevölkerung fand die evangelische Lehre großen Zuspruch. Die Mehrheit des Adels und der Wiener Bürger wurde evangelisch. Auch die radikale Reformation fand Anhänger und so gründete sich in Wien eine Täufergemeinde. 1528 wurde der Täuferführer Balthasar Hubmaier verbrannt.

All dies verstärkte die antiklerikale Stimmung der Bevölkerung, die nach dem Verbot der evangelischen Predigt sonntags die evangelischen Gottedienste in den Adelsgütern vor den Mauern der Stadt Wien besuchte. Der Adel förderte die evangelische Bewegung und beschäftigte evangelische Pfarrer. Selbst der spätere Kaiser Maximilian II. (1527-1576) hatte mit Johann Sebastian Pfauer (1520-1569) einen evangelischen Hofprediger an die Hofkirche bestellt. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts waren drei Viertel der Wiener Einwohnerschaft evangelisch.

Im Zuge der Gegenreformation wurden im 17. Jahrhundert die evangelischen Adeligen als Träger der Reformation entmachtet und vertrieben. Evangelische konnten ihren Glauben nur noch im Geheimen leben. Erst mit dem Toleranzpatent von 1781 konnten wieder evangelische Gemeinden entstehen. Heute gibt es wieder ein lebendiges evangelisches Leben in Wien, wenn auch die Evangelischen eine Minderheit sind. Wien ist der Sitz der Kirchenleitungen – sowohl der Evangelischen Kirche A.B. und H.B als auch der evangelisch-methodistischen Kirche in Österreich. In den Wiener Museen und Archiven lagert ein einmaliger Schatz an Dokumenten der Reformationszeit, wie z.B. das Original der Confessio Augustana, die Kaiser Karl V. überreicht wurde, oder eines von drei noch erhaltenen Exemplaren der 95 Thesen Luthers, aber auch zahlreiche reformatorische Flugschriften und Gemälde. Zum Jahr 2017 soll vieles davon in einer Ausstellung im Wien Museum einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden. In verschiedenen Festveranstaltungen, wie einem europäischen Reformationsball, wird der Reformation gedacht werden.

 

Text: www.reformation-cities.org

Hier gibt es weitere Informationen zur Geschichte der Evangelischen in Wien.

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