„Woran glauben vernünftige Menschen?“

Auftakt der Gesprächsreihe „Was ich glaube“

 
von Evangelischer Pressedienst
  Menschenrechtsexperte Peter Kirchschläger, Moderatorin Barbara Krenn, Physiker Herbert Pietschmann und Rektorin Eva Blimlinger. Foto: epd / T. Dasek
Menschenrechtsexperte Peter Kirchschläger, Moderatorin Barbara Krenn, Physiker Herbert Pietschmann und Rektorin Eva Blimlinger. Foto: epd / T. Dasek

Auftakt der Gesprächsreihe „Was ich glaube“

Wien, 3. März 2017 (epdÖ) – Die neue Reihe „Was ich glaube“ begleitet die Ausstellung „Brennen für den Glauben. Wien nach Luther“, die anlässlich des Reformationsjubiläums derzeit im Wien Museum zu sehen ist. Am Donnerstagabend, 2. März, erfolgte der Auftakt zum Thema „Woran glauben vernünftige Menschen?“ Am Podium in der Aula der Evangelischen Volksschule am Karlsplatz diskutierten die Historikerin und Rektorin der Akademie der Bildenden Künste Wien, Eva Blimlinger, der Menschenrechtsexperte, Jurist und Theologe Peter Kirchschläger und der Physiker Herbert Pietschmann.

„Die Reformation hat durch die Freiheit, die sie geschenkt hat, eine große Bildungsbewegung ausgelöst“, erinnerte Oberkirchenrat Karl Schiefermair in seiner Eröffnung des Gesprächsabends, den die ORF-Journalistin Barbara Krenn moderierte. Physiker Herbert Pietschmann startete gleich mit einem seiner „unglaublichsten Transzendenzerlebnisse“, als er die Geburt seines Sohnes miterleben durfte. Durchaus unterschiedlich dann die Positionen zum Thema Glauben: Während Pietschmann sich „persönlich als glaubend“ vorstellte und den Glauben auch als „wesentlichen Bestandteil“ seines Lebens bezeichnete, beschrieb sich Rektorin Eva Blimlinger als „gläubig im Sinne, dass ich glaube, dass es keinen Gott gibt“. Selber katholisch getauft, habe der frühe Tod der Mutter – Blimlinger war damals 14 Jahre alt – einen Wendepunkt in ihrem Glauben ausgelöst: „Was ist das für ein Gott, der das zulässt?“ Später sei ein intellektuelles Interesse an Religionen gewachsen, jedoch nicht am Glauben.

Auf die Frage nach dem Leid hatte auch Peter Kirchschläger keine Antwort. Er erinnerte an die biblische Figur des Hiob: Hier habe Gott klar zu verstehen gegeben, dass er auf seiner Seite ist, „auf der Seite jener, denen es schlecht geht“. Hoffnung bedeute für ihn, Menschen zu begegnen, die sich „besonders einsetzen für andere“, etwa im seinem beruflichen Umfeld, wenn es um Menschenrechte geht.

„Der Gott, an den Sie nicht glauben, an den glaub ich auch nicht“, sagte Physiker Pietschmann zu Rektorin Blimlinger. Gott existiere nur im Du, „über ihn reden geht gar nicht“, ist der Physiker überzeugt. Weisheit und Glaube passen für ihn zusammen, Glaube sei „eine andere Dimension des Wissens“. Menschenrechtsexperte Kirchschläger plädierte dafür, Glaubensinhalte „anschlussfähig in den Diskurs einzubringen, der rational zugänglich ist“. Glaube helfe Menschen, für ihr Weltbild einzustehen und habe für ihn vor allem mit der Sinnfrage zu tun, „mit dem Warum“, während sich Naturwissenschaften „stärker mit dem Wie beschäftigten“. Zweifel sei auch im Glauben ein wichtiges Element, sonst bestehe die Gefahr, „blind zu werden, wenn man meint, zu wissen, wie etwas ist“.

Von den Religionsgemeinschaften erwartet sich der Jurist und Theologe nicht nur einen historisch-kritischen Umgang mit ihren überlieferten Texten, sondern vor allem ein verstärktes Engagement: Dieses sollte deutlich machen, „warum es so wichtig ist, dass Religion Platz im öffentlichen Raum haben muss“. Dabei gelte es, sich stärker in den Diskurs einzubringen, was Religionsfreiheit heute bedeute, „bei allem Respekt für die Trennung von Religion und Politik, aber bei aller Beteiligung am öffentlichen Diskurs“. Denn im demokratischen Rahmen sei ein „politisches Engagement von Religionsgemeinschaften äußerst willkommen“, meinte Kirchschläger. Extremismus, Radikalisierung und Fundamentalismus beträfen nicht nur den Islam, sondern alle Religionsgemeinschaften, hier brauche es eine verstärkte gemeinsame Auseinandersetzung mit dem Thema. Dem Staat komme die Aufgabe zu, alle Religionsgemeinschaften gleich zu behandeln. Kirchschläger warnte davor, „von einer Minderheit etwas zu fordern, was man von einer Mehrheit nicht verlangen würde“.

In drei Wochen steht die nächste Gesprächsrunde auf dem Programm: Am 23. März gehen Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Eva Glawischnig, Rudolf Kaske und Lisa Muhr der Frage nach: „Was glauben Menschen aus Politik und Wirtschaft?“ Beginn ist um 19.00 Uhr wieder in der Evangelischen Volksschule am Karlsplatz.

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