Glaubensfreiheit und ihre Geschichte in Wien

Zum Gedenken an den evangelischen Märtyrer Caspar Tauber (hingerichtet am 17.09.1524)

 
von Gratzer
Die Hinrichtung von Caspar Tauber

„Es ist ein Zeichen von Mut, sich seines Glaubens nicht zu schämen, sondern ihn öffentlich zu bekennen.“ Unter dieses Leitmotiv stellt der evangelisch-lutherische Superintendent von Wien, Matthias Geist, die Gedenkveranstaltungen zum 500. Jahrestag der Hinrichtung von Caspar Tauber. Der wohl erste lutherische Märtyrer auf österreichischem Boden habe „mit seinem Mut und seiner Berufung auf die Bibel selbst Martin Luther beeindruckt“, so Geist.

Im Rahmen der Gedenkfeierlichkeiten erinnert die evangelische Kirche am Sonntag, dem 15. September 2024, an das Leben und Wirken des Tuchhändlers Caspar Tauber, der aus Südmähren stammte und seit 1511 in Wien lebte. Der Gedenkgottesdienst beginnt um 10.00 Uhr in der Lutherischen Stadtkirche und wird von Pfarrer Johannes M. Modeß und Superintendent Matthias Geist gemeinsam gestaltet. Im Mittelpunkt steht das frühe reformatorische Wirken in Wien, das auch durch eine Flugschrift Caspar Taubers Ausdruck fand.

Anschließend wird um 13.00 Uhr in der Unterkirche des Stephansdoms der renommierte Kirchengeschichtler em. Univ.-Prof. DDr. Rudolf Leeb einen Vortrag halten. Darin beleuchtet er, inwieweit Tauber und seine Schriften in ihrer Zeit Wirkung entfalteten und welche Widerstände sie erlebten. Um 15.00 Uhr findet ein stilles Gedenken mit Kranzniederlegung an der Richtstätte im Weißgerberviertel statt, wo Tauber in Erdberg hingerichtet wurde (Gänseweide, DDSG-Pavillon, 3. gegenüber Obere Weißgerberlände 28). Um 17.00 Uhr wird in der Pauluskirche ein Theatergottesdienst unter der Leitung von Pfarrerin Elke Petri und Friederike von Krosigk die Gedanken evangelischer Märtyrer auf künstlerische Weise in Szene setzen.

Der Höhepunkt der Gedenkfeierlichkeiten folgt am 500. Todestag, dem Dienstag, den 17. September 2024. Um 19.00 Uhr wird im Albert-Schweitzer-Haus (1090 Wien, Schwarzspanierstraße 13) ein „innerer Monolog“ Caspar Taubers, dargestellt von Schauspieler Helmut Schuster, inszeniert.

Der Monolog soll den Spannungsbogen zwischen Glauben und Zweifel, zwischen Wahrhaftigkeit und der Bedrohung der Glaubensfreiheit erlebbar machen. Im Anschluss gibt der Präsident des Landesgerichts für Strafsachen Wien, Friedrich Forsthuber, eine historische Einordnung der damaligen Rechtsprozesse und diskutiert den Stellenwert der Glaubens- und Meinungsfreiheit heute.

Der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, betont in seinem Grußwort die Bedeutung von Caspar Taubers Glaubenszeugnis für das heutige ökumenische Miteinander: „Dass wir heute als Protestanten und Katholiken gemeinsam, Seite an Seite, an das beeindruckende Glaubenszeugnis Caspar Taubers erinnern können, erfüllt mich mit Respekt, Scham und tiefer Dankbarkeit.“

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Wien erhofft sich von diesen Veranstaltungen ein vertieftes Bewusstsein für die Bedeutung der Glaubensfreiheit in der heutigen multireligiösen Gesellschaft. „Die Religionsfreiheit ist ein hohes Gut, das in einer Stadt wie Wien, mit ihrer Vielfalt der Glaubensrichtungen, immer wieder gestärkt werden muss“, betont Geist. „Wir sind dankbar für das Miteinander und den Dialog zwischen den Religionen und schätzen die lebendige Diskussion in einer Kultur der versöhnten Verschiedenheit.“ Geist ist selbst Mitglied im „Campus der Religionen“ und berufen in den neu eingerichteten „Rat der Religionen“ des Bürgermeisters von Wien.

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