Symposium zum 50. Todestag von Ernst Lange

 
von Evangelischer Pressedienst

Theolog:innen würdigten einen „Vordenker der Kirchenentwicklung“

Wien (epdÖ) – Mit dem Vermächtnis des Theologen Ernst Lange befassten sich Theolog:innen am Mittwoch, 3. Juli, in Windhaag bei Freistadt (OÖ). Das Symposium aus Anlass des 50. Todestages des bedeutenden evangelischen Theologen stand unter dem Titel „Der Ernstfall der Kirche entscheidet sich draußen“. Eröffnet wurde es mit einer Gedenkfeier am Grab Ernst Langes durch Superintendent Gerold Lehner. Für die musikalische Gestaltung sorgte der Posaunenchor der Evangelischen Pfarrgemeinde Wels. Eingeladen hatten die Evangelische Kirche A.B. in Österreich und das Institut zur Erforschung von Mission und Kirche (IMK). Lange, geboren 1927 in München, verstorben 1974 in Windhaag, war ein ökumenischer Visionär und Vordenker der Kirchenentwicklung.

In seinem Vortrag unter dem Titel „Die Chancen des Alltags ergreifen. Ernst Lange als Vordenker der Kirchenentwicklung“ stellte der emeritierte Braunschweiger Universitätsprofessor Gottfried Orth Ernst Lange als durchweg „politischen“ Theologen vor. Er habe Kirche darin verstanden, wieder zu lernen „outside the camp“ zu leben. Die Gründung der „Ladenkirche“ in Berlin sei ein Beispiel für Langes Ansatz, mitten in der Nachbarschaft zu wirken. „Glauben ist ein Tun-Wort“, betonte Orth.

Orth befasste sich auch mit der Frage, wie der Rückblick auf Ernst Lange für eine konstruktiv-kritische Begleitung des derzeit laufenden österreichweiten Prozesses „Aus dem Evangelium leben (AEL)“ mit ihren Erprobungsräumen helfen könne. „In eindrücklicher Weise hat Professor Orth herausgestellt, wie Ernst Lange den Fokus kirchlichen Handelns immer wieder auf die anderen gestellt hat“, sagte Patrick Todjeras (Direktor des IMK und Projektverantwortlicher von AEL) gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. „Wie können wir Kirche mit den anderen sein und werden, wie kann kirchliches Handeln von der Tagesordnung der Welt geprägt sein? Oder frech formuliert: Was haben die anderen davon, dass es in ihrer Mitte Glaubende gibt?“ Für Todjeras ist es ein Merkmal vieler Erprobungsräume, dass sie sich „in den Dienst vor Ort stellen und ein kritisches Potenzial für eine Kirche haben, die dem Evangelium treu ist“.

„Ernst Lange heute“: Erfahrungsberichte und Impulse

In einer Diskussion zum Thema „Ernst Lange heute – Wissenschaftliche und kirchliche Perspektiven“ unter der Moderation von Bischof Michael Chalupka widmeten sich Pfarrer:innen dem Wirken Langes und berichteten von ihren ganz praktischen Erfahrungen. Für Anna Kampl, Pfarrerin in Wien-Simmering, ist die Öffnung der Gemeinde in den Sozialraum zentral. „Wir wollen Begegnungsräume schaffen, die nachhaltig gegen Einsamkeit wirken. Wir schauen also, was die Leute vor Ort brauchen.“ Durch partizipative Entwicklung von Aktivitäten und Aktionen „können wir alle Interessierten einbinden und deren Talente und Stärken fördern“, so Kampl.

Johannes Modeß, Pfarrer der Lutherischen Stadtkirche in Wien, meinte, „die erste Frage darf gar nicht sein, was ich Kirchenfremden sagen soll, sondern ich muss zunächst zuhören. Aus dem Hören finde ich zur Sprache der Verheißung.“ Außerdem hätte er die Erfahrung gemacht, „dass wir vielleicht einfach in den Beisln der Stadt sitzen sollten. Nicht, weil wir dort etwas zu sagen hätten, sondern weil die Menschen uns dort etwas sagen.“

Gerhard Altenburg, Pastor und Leiter des Zentrums Kirchlicher Dienste in Rostock/D, griff eine zentrale Ansicht Langes auf: „Kirche ist Institution im Übergang.“ Das sei „der Kernbegriff der Schaffensphase Ernst Langes, die er in Windhaag verbrachte. Ende und Anfang verknüpfen sich in diesem Ausdruck.“ Altenburg sieht Lange als großen Theologen, „weil er Bestehendes nicht wegwirft oder das Kind mit dem Bade ausschüttet, sondern anknüpft“.

Biografie Ernst Lange

Ernst Lange wurde 1927 in München geboren. 1959 richtete er als Pfarrer in Berlin-Spandau die „Ladenkirche“ am Brunsbüttler Damm ein, ein berühmtes Projekt der Kirchenreformbewegung in Deutschland. Dabei ging es Lange mehr um den Ort – der Laden zwischen den Häusern der Straße – als um die Kirche. Wenig später wurde er Professor für Praktische Theologie an der Kirchlichen Hochschule in Berlin und Studentenpfarrer. Von 1968 – 1970 war er Beigeordneter Generalsekretär und Direktor der Abteilung für ökumenische Aktivitäten im Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf. 1970 veröffentlichte er sein wichtigstes Buch: „Die ökumenische Utopie oder Was bewegt die ökumenische Bewegung“. Für Gottfried Orth „das faszinierende Werk eines kritischen Liebhabers der ökumenischen Bewegung, eines ökumenischen Visionärs“. Am 3. Juli 1974 fand man ihn tot im Ferienhaus seiner Schwester in Windhaag in Oberösterreich auf.

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