"Free blessings" auf der Pride Parade: Pfarrerinnen und Pfarrer segnen
Evangelische bekennen Farbe auf der Regenbogenparade
Evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer auf der "Regenbogenparade"
Die interreligiöse Initiative „Religions for Equality“ hat auch heuer, am Samstag, 17. Juni, wieder an der Regenbogenparade teilgenommen: christliche, buddhistische und jüdische Gläubige sind zusammen mit einem großen Transparent auf der Pride Parade mitgegangen, um "mit unserer Präsenz ein Zeichen gegen Diskriminierung und Abwertung von LGBTIQ-Menschen in Gesellschaft und Kirche zu setzen", sagt die evangelische Hochschulpfarrerin Katharina Payk. Das Besondere an der heurigen Parade: Im Anschluss hat Pfarrerin Payk mit einem Team aus weiteren Pfarrer*innen "free blessings", sprich ein "spontanes Segnen" vor der Votivkirche angeboten. Dazu trug das Pfarr-Team ihre Talare - was viel Aufmerksamkeit weckte.
"Uns wurde sogar applaudiert", berichtet Gerda Pfandl, Pfarrerin in der Bekenntniskirche in Donaustadt. Sie hat drei junge Männer abseits der Parade gesegnet. "Die Drei waren in Partystimmung, so wie es nunmal ist auf der Regenbogenparade. Da hat der Segen für einen Moment eine besondere 'Feierlichkeit' gewirkt und einen Moment des Innehaltens an diesem großartigen Nachmittag gebracht."
Auch Pfarrerin und Krankenhaus-Seelsorgerin Marianne Fliegenschnee war dabei. "Die Teilnehmer*innen haben unglaublich positiv auf uns reagiert. Immer wieder gab es ein 'Daumen hoch' oder ein 'Super, dass ihr da seid!"' als Reaktion. Auch ein 'Hallo, ich bin auch evangelisch!' wurde mir zugerufen", erzählt Pfarrerin Fliegenschnee. "Da merkt man deutlich, wie wichtig es ist, zu zeigen, dass wir als Evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer da sind - für alle!"
"Die Aktion ist aufgegangen", freut sich Hochschulpfarrerin Katharina Payk. "Die Präsenz auf der Parade und auch das Angebot des spontanen Segnen." Es habe Gänsehautmomente gegeben, so Payk. "Einige hatten Tränen in den Augen, als ich sie gesegnet habe. Sie waren berührt. Das heißt, der Segen als stärkendes Ritual ist angekommen. Manche Leute haben sich wiederum einfach mit uns im Gespräch ausgetauscht – über Glauben und andere Dinge. Mit der Pride-Aktion sind wir zu den Menschen gekommen, dorthin, wo viele auch schlechte Erfahrungen mit Kirche gemacht haben. Es ist wichtig, für diese Menschen dazusein. Es ist schön, wie erstaunlich gut unser Angebot angenommen wurde.“
(Evangelische) Impressionen von der Regenbogenparade 2023:
Fotos: @ej.noe, J. Fessler, F. Eckhardt, @lutherische_stadtkirche, @ehg_wien, privat
Hintergrund zu "Religions for Equality"
"Religions for Equality" ist eine Initiative, die 2019 von Vertreter:innen verschiedener Religionsgemeinschaften gegründet wurde, um sich gemeinsam für die Rechte und Würde von LGBTIQ*-Personen in den Religionsgemeinschaften und der Gesellschaft einzusetzen und ein respektvolles Miteinander zu fördern. Die Initiative setzt sich dafür ein, dass die LGBTIQ*-Community mit Respekt und Anerkennung behandelt wird und dass die Mitglieder dieser Community ihre Identität frei und ohne Diskriminierung ausleben können. Die Mitglieder dieser Initiative glauben, dass durch gemeinsame Arbeit und Engagement für Toleranz und Vielfalt eine positive Veränderung bewirkt werden kann. Die Initiative ist ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichberechtigung und Respekt für alle Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität.
Siehe auch: https://viennapride.at/pride-parade/entry-list/group/religions-for-equality/
Homosexualität ist Teil von Gottes guter Schöpfung - Julia Schnizlein in der "Krone"
Zum Thema "Regenbogenparade" schrieb Julia Schnizlein, Pfarrerin der Lutherischen Stadtkirche in der Inneren Stadt und auf instagram unter @juliandthechurch zu finden, folgenden Beitrag in der "Kronen Zeitung":
„Wir haben die Würde von Gottes Geschöpfen verletzt . . . “, bekannte vor Kurzem eine deutsche evangelische Landeskirche und bat Lesben, Schwule, trans- und intergeschlechtliche Menschen öffentlich umVergebung für die vielenVerletzungen inVergangenheit und Gegenwart. In Wien gehen heuteVertreter unterschiedlicher Religionsgemeinschaften auf die Straße, um bei der Regenbogenparade „Pride“ ein Zeichen der Akzeptanz und des Respekts zu setzen. Auch Pfarrerinnen und Pfarrer der evangelischen Kirche sind dabei: „Es ist wichtig, dass wir queere Menschen in unserer Kirche sichtbar werden lassen“, sagt Hochschulpfarrerin Katharina Payk. Man wolle „ein Zeichen setzen gegen die Diskriminierung, die LGBTIQ-Menschen in Kirchen – auch in unserer Kirche – erfahren haben und noch immer erfahren“.
Zur Begründung für Homofeindlichkeit wird nicht selten die Bibel herangezogen – und auch dagegen wehren sich die Theologen. Denn die Bibel kannte gleichgeschlechtliche Liebe auf Augenhöhe, wie wir sie heute kennen, nicht. Zwar steht im 3. Buch Mose: „Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so ist das ein Greuel, und beide sollten des Todes sterben.“ Im selben Buch steht auch, dass das Essen von Muscheln, Scampi oder Blutwurst solch ein Greuel ist.
Es ist wichtig, die Bibel immer in ihrem historischen Kontext zu lesen, um einzelne Aussagen, wie die über Bekleidungs- oder Speisevorschriften, Vielfachehe oder Sexualität besser einordnen zu können. Während Homosexualität bei der Auslegung der Bibel oft mit Tempelprostitution, Vergewaltigung oder Knabenliebe gleichgesetzt wurde, wissen wir heute ganz klar: Damit hat gleichgeschlechtliche Liebe nichts zu tun.
Deshalb schreibt die Evangelische Kirche HessenNassau in ihrem Schuldbekenntnis: „Wir glauben heute: Homosexualität, Bisexualität, Trans- und Intersexualität, non-binäre und queere Lebensformen sind Teil der Schöpfung.Von der Schöpfung sagt Gottes Wort: ,Siehe, es war sehr gut‘, und der Mensch kann, unabhängig seiner sexuellen Orientierung, zu Gott beten: ,Ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht bin. Wunderbar sind deine Werke, das erkennt meine Seele‘.