Superintendenz Steiermark feierte 75-Jahr-Jubiläum

 
von Evangelischer Pressedienst

Festakt in der Grazer Heilandskirche

Graz (epdÖ) – Ein Festakt am Reformationstag bildete den Abschluss der Jubiläumsfeierlichkeiten zum 75-jährigen Bestehen der Evangelischen Superintendenz Steiermark. Zahlreiche aktive wie auch ehemalige Vertreter*innen von Kirchen und Religionsgemeinschaften, aus der Politik und dem öffentlichen Leben waren der Einladung in die Grazer Heilandskirche am Montagabend gefolgt. Aufgezeigt wurde die wechselvolle Geschichte der äußerst heterogenen Superintendenz Steiermark, hervorgehoben wurden auch die seit Jahrzehnten guten Beziehungen zu Politik und Römisch-Katholischer Kirche.

Axmann: Vielfalt als Bereicherung

„Tatsächlich findet sich einiges, was die Steiermark ausmacht und zugleich typisch protestantisch ist“, sagte Superintendentialkurator Michael Axmann in seiner Begrüßung. So sei die Steiermark etwa eine „Hochburg der Innovation“ und ein wissenschaftsfreundliches Land, die Evangelische Kirche verstehe sich als Kirche, „die Glauben und Aufklärung zusammen denkt“. Im Hinblick auf die Evangelische Kirche als eine Kirche des Wortes verwies Axmann auf bedeutende steirische Literaten und dass dem Buch hier eine besondere Bedeutung zukomme. Oft werde auch vom steirischen Klima gesprochen, „dass man das Gemeinsame über das Trennende stellt“. Miteinander zu ringen sei christlich, und „das Ganze in demokratischer Form zu tun, ist Evangelischen besonders wichtig“. Nicht zuletzt sei es auch die Vielfalt, die sowohl Superintendenz wie auch das Bundesland auszeichne. Aufgrund verschiedener Wurzeln und Gegebenheiten habe das Lutherische in der Steiermark viele Facetten. Diese Vielfalt werde „als Bereicherung empfunden, bei allen Spannungen, die mit den Unterschieden einhergehen“. „Wenn man sich reformatorischen Grundsätzen verbunden fühlt, ist die Steiermark ein gutes Land zum Leben“, unterstrich Axmann.

Rehner: Jubiläum im Zeichen des Dankes

Vor genau 500 Jahren traf die reformatorische Botschaft im Raum Schladming ein, erinnerte Superintendent Wolfgang Rehner. Mit Blick auf das Jahr 1947 sei er dankbar für „für die immer wieder erfahrene Erneuerung des evangelischen Lebens in der Steiermark“, für das spätere Entstehen neuer Pfarrgemeinden, die Errichtung von Kirchen und Pfarrhäusern, die Gestaltung des evangelischen Lebens in Gemeinden, Arbeitszweigen, Werken und Bereichen. Auch Rehner betonte die gute ökumenische Zusammenarbeit und dankte für den gemeinsamen Einsatz für Frieden und die Rechte der Minderheiten im Dialog mit den Religionsgemeinschaften, aber auch für den Dialog mit den Kräften aus Gesellschaft und Öffentlichkeit im Bemühen um „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“. Dankbar sei er letztlich auch „für die frohe Zuversicht, dass unser Glaube in Zeiten der vielfachen Krisen Halt und Hoffnung vermittelt“.

Drexler: Dank für evangelische Tugenden

Beeindruckt von den „Tugenden der Evangelischen Kirche, die in der Steiermark sichtbar werden“, zeigte sich beim Festakt Landeshauptmann Christopher Drexler. Er würdigte den „intellektuellen Tiefgang, die unglaubliche Fähigkeit zur Selbstreflexion und den reflektierten Zugang zur eigenen Geschichte“. Historisches Bewusstsein sei „notwendig, aber nicht selbstverständlich“, so der Landeshauptmann. Er dankte für den protestantischen Beitrag zur Gesellschaft, „ohne die Evangelische Kirche wäre die Steiermark eine ärmere Region“. Die Dialogfähigkeit gelte es mit in die Zukunft zu nehmen, gerade in schwierigen Zeiten könnten Kirchen und Religionsgemeinschaften „Zuversicht und Perspektiven“ einbringen, erklärte der Landeshauptmann.

Bünker: Das Evangelium leben und Verantwortung wahrnehmen

In seinem Festvortrag „Evangelisch auf Steirisch“ kam der frühere evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker auf die Entstehung und Entwicklung der Diözese zu sprechen. Bereits nach der Wahl des ersten steirischen Superintendenten, Leopold Achberger, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg habe sich das wechselseitige Verhältnis von selbständigen Kirchengemeinden vor Ort und Superintendenz gezeigt. Um aus den einzelnen Gemeinden miteinander Kirche werden zu lassen, „dafür gibt es als erste Ebene übergemeindlicher Kirchenleitung die Superintendenz“.

In der Steiermark liegt heute die zahlenmäßig kleinste evangelische Pfarrgemeinde Österreichs (Eisenerz) und zugleich die zahlenmäßig größte (Graz-Heilandskirche). In der Ramsau sind rund 85 Prozent der Bevölkerung evangelisch, in manchen Gebieten der Oststeiermark nicht einmal 0,5 Prozent. Außerdem gebe es, so Bünker, unter den Pfarrerinnen und Pfarrern eine enorme theologische Bandbreite. Angesichts dieser Heterogenität der Superintendenz sei Leitung auf allen Ebenen „immer auch Widerspruchsmanagement“ mit dem Bemühen, „dass der Frieden gehalten wird“.

Bünker, der 1954 in Leoben geboren wurde, ging in seinem Vortrag auch auf die „schuldbeladene Geschichte“ der Evangelischen Kirche während der Zeit des Nationalsozialismus ein. Ein Bedenken habe sich gesamtkirchlich wohl auch in Folge der sogenannten Waldheim-Affäre erst in den späten 1980er Jahren durchgesetzt. Einzelne Gemeinden seien hier „mutig vorausgegangen“, sagte der frühere Bischof und verwies auf eine Gedenktafel, die in der Grazer Heilandskirche an alle im Nationalsozialismus verfolgten Mitglieder der Pfarrgemeinde erinnert.

Gerade am Gedenktag der Reformation gelte es, daran zu denken, was auch eine kleiner werdende Diasporakirche dieser Welt schuldig sei, meinte Bünker. „Es ist das Evangelium, die befreiende Botschaft von der unbedingten Gnade Gottes, die wir in Jesus Christus erfahren. Seit der Reformation leben Evangelische das Evangelium im Gottesdienst und nach außen durch Bildung und Diakonie. So nehmen sie ihre Verantwortung wahr.“ Immer nahe am Menschen, „diasporafähig, offen und öffentlich, so sehe ich die Evangelische Kirche in der Steiermark in der Zukunft“, schloss Bünker.

Festschrift „Innovation und Tradition“ zum 75-Jahr-Jubiläum

Die Kirchenhistorikerin Michaela Sohn-Kronthaler von der Katholischen Fakultät der Universität Graz präsentierte die Festschrift „Innovation und Tradition“. Diese rund 400 Seiten starke Chronik zum 75-Jahr Jubiläum sei, neben vielen Fakten, angereichert mit Erinnerungen von Zeitzeug*innen. Unter anderem entfalte das von zahlreichen Gastautor*innen verfasste Werk, wie vielfältig das Leben evangelischer Christ*innen in der Steiermark sei. Für Sohn-Kronthaler ist damit ein „Referenzwerk“ für die jüngere Geschichte der Evangelischen Kirche in der Steiermark entstanden, das neugierig mache, „wie Evangelische das Evangelium in der Steiermark leben und bezeugen“.

Musikalisch gestaltete den Festakt der Bläserkreis der Heilandskirche unter der Leitung von Diözesankantor Thomas Wrenger. Mit dem Festakt hat die Superintendenz die Feierlichkeiten zu ihrem 75-jährigen Bestehen abgeschlossen, zahlreiche Veranstaltungen standen bereits im Zeichen dieses Jubiläums, wie etwa der Kirchentag gemeinsam mit der Evangelischen Kirche Slowenien am 12. Juni in Murska Sobota und Bad Radkersburg.

Der Evangelischen Kirche A.B. in der Steiermark gehören heute rund 35.000 Menschen an. In 35 Pfarrgemeinden sind aktuell 26 Pfarrerinnen und Pfarrer tätig.

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