Synodenpräsident Krömer: „Größtes Befremden“ über VfGH-Erkenntnis

 
von Evangelischer Pressedienst

Religiöse Veranstaltungen waren von massiven Einschränkungen betroffen – Kirchen hatten teilweise sogar strengere Maßnahmen zum Schutz vor Covid19

Wien/St.Pölten (epdÖ) Das aktuelle Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) zur Ungleichbehandlung von Kunst und Religionsausübung im Zuge der Covid19-Notmaßnahmen hat in den Evangelischen Kirchen „größtes Befremden“ ausgelöst, hält Synodenpräsident Peter Krömer gegenüber dem Evangelischen Pressedienst fest.

Seit Beginn der Covid19-Pandemie im März 2020 war, so Krömer, zwischen der Bundesregierung und den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften vereinbart, dass die Kirchen und Religionsgemeinschaften für die Abhaltung von Gottesdiensten, kirchlichen Amtshandlungen sowie Veranstaltungen zum Zwecke der Religionsausübung – somit im inneren Bereich, den der Artikel 15 des Staatsgrundgesetzes von 1867 regelt – eigene verbindliche Regelungen zum Schutz vor Covid19 anordnen. Die diesbezüglich getroffenen Maßnahmen der gesetzlich anerkannten Kirchen im Inneren seien stets mit der dafür zuständigen Bundesministerin Susanne Raab abgesprochen worden. Anders als es das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs erwarten ließe, seien etwa die Evangelischen Kirchen im Zeitraum der Notmaßnahmenverordnung von massiven Beschränkungen und Restriktionen betroffen gewesen, die sich direkt auf die Abhaltung von Gottesdiensten, kirchlichen Amtshandlungen, Veranstaltungen mit religiösem Inhalt aber auch auf die Sitzungstätigkeit kirchlicher Organe ausgewirkt hatten. So wurden im Hinblick auf die zahlreichen Auflagen viele Gottesdienste nur online abgehalten, die Gottesdienste in Präsenz waren – von den Räumlichkeiten her gesehen – nur mit minimalen Besucher*innen zulässigerweise besetzt, es gab auch kein gemeinsames Singen. Feiern des Heiligen Abendmahls im Rahmen von Gottesdiensten wurden nicht abgehalten, auch keine Tauffeiern, Hochzeiten und dergleichen. Auch die Tagung der Synoden A.B. und der Generalsynode, die Anfang Dezember 2021 in St. Pölten stattfinden hätten sollen, wurde ebenso wie die Synode H.B. Ende November 2021 abgesagt, unterstreicht der Synodenpräsident.

Vor allem die öffentliche Rezeption des Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes erwecke den Eindruck, „dass in den Kirchen während der Covid19-Pandemie überhaupt keine Beschränkungen vorhanden waren“, kritisiert Krömer. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall, „teilweise waren die Maßnahmen im Bereich der Kirchen im Zusammenhang mit gottesdienstlichen Veranstaltungen sogar strenger“. Krömer erinnert auch daran, dass etwa bei der Tagung der Synoden Ende Juni in St. Pölten alle Teilnehmer*innen zu Beginn einen aktuellen negativen PCR-Test vorweisen mussten.

„Besonders befremdend“ ist für den Juristen Peter Krömer noch ein rechtsstaatlicher Aspekt am Erkenntnis des VfGH: Wiederum ergehe eine Entscheidung eines Höchstgerichtes, die die Evangelische Kirchen – in diesem Fall auch alle anderen gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften – betreffe. „Hier wurden Aussagen zur Religionsausübung gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften getroffen, ohne dass diese im Verordnungsprüfungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof gehört wurden“, bemängelt der Synodenpräsident und erinnert zugleich daran, dass auch im Ausgangsverfahren für die EuGH Entscheidung zum Karfreitag und im Verfahren vor dem EuGH zur Karfreitagsentscheidung im Jänner 2019 die Evangelischen Kirchen trotz Antragstellung nicht gehört wurden, „obwohl sie allerdings massiv betroffen waren und sind“.

Im Zusammenhang mit der Ungleichbehandlung von Kunst und Religionsausübung stelle der Verfassungsgerichtshof den Artikel 17a des Staatsgrundgesetzes 1867 betreffend künstlerischem Schaffen dem Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) betreffend Religionsfreiheit gegenüber, erwähne allerdings keineswegs den für die gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften in der Verfassung wesentlichen Artikel 15 des Staatsgrundgesetzes 1867. Dort werden nämlich die inneren Bereiche der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften geregelt, die von der staatlichen Gesetzgebung und Rechtsprechung ausgenommen sind. Entscheidungen im inneren Bereich habe letztlich der Staat aufgrund dieser Bestimmung des Staatsgrundgesetzes zu respektieren und anzuerkennen, betont der Synodenpräsident. Artikel 9 der EMRK erkenne auch teilweise solche innere autonome Bereiche für Kirchen und Religionsgesellschaften an. Auf diese Thematik sei der Verfassungsgerichtshof jedoch überhaupt nicht eingegangen. „Im inneren Bereich gemäß Art. 15 Staatsgrundgesetz 1867 sind von den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften sehr wohl verbindliche Anordnungen zur Verhinderung der Ausbreitung von Covid19 stets getroffen worden, auch im gegenständlichen Zeitraum angemessen an die staatliche Regelung angelehnt“, hält Krömer fest.

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