Körtner: Gleichgültigkeit führt zu Kirchenaustritten
Wiener protestantischer Theologe zum Synodalen Weg: Keine zweite Reformation, sondern katholische Reform
Wien (epdÖ) – „Es geht im Kern nicht um eine zweite Reformation, sondern um eine katholische Reform“, unterstreicht der protestantische Theologe Ulrich Körtner in einem Gastbeitrag für die Wochenzeitung „Die Furche“ (21. Juli), in dem er zum Synodalen Weg der römisch-katholischen Kirche Stelllung nimmt. Allerdings, so Körtner, könnte der Synodale Weg zu der Entstehung einer weiteren katholischen Kirche führen – neben der Altkatholischen Kirche und der Römisch-katholischen – „gewissermaßen eine deutsche Neuerfindung des Katholizismus“.
Der Ordinarius für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien hält es für bemerkenswert, dass die im 19. Jahrhundert entstandene Altkatholische Kirche als Alternative zur Römisch-katholischen in der Kontroverse um den Synodalen Weg „auch von Papst Franziskus ignoriert“ werde. Dabei seien die zentralen Reformforderungen der Verfechter des Synodalen Weges in der Altkatholischen Kirche längst verwirklicht.
Die Einschätzung, dass der Synodale Weg „im Ergebnis zu einer Protestantisierung der römisch-katholischen Kirche oder gar zu einer zweiten evangelischen Kirche führen“ könne, hält Körtner aus protestantischer Sicht für zu vordergründig. „Wer das Kirchenverständnis der evangelischen Kirchen auf ihre heutige presbyterial-synodale Verfassung reduziert, hat von reformatorischer Theologie und Ekklesiologie allerdings nur eine oberflächliche Vorstellung“, so Körtner.
In der der aktuellen Kirchenkrise sieht der Wiener Theologe nicht nur eine Glaubwürdigkeitskrise, sondern auch eine Glaubenskrise. „Die gegenwärtige Sozialform der katholischen Kirche spielt für Austrittswillige nicht die Hauptrolle, wie eine neuere Studie zeigt“, erinnert Körtner. Die evangelische Kirche stehe „nicht besser als ihre katholische Schwesterkirche da“. Körtner verweist darauf, dass in Deutschland ihre Mitgliederzahl bereits die Marke von 20 Millionen unterschritten habe. „Protestanten verlassen ihre Kirche trotz demokratischer Strukturen. Vielen Menschen sind Kirche und Religion einfach gleichgültig“, betont Körtner.