Witz-Oberlin: Ein Leben für den Frieden in Zeiten des Krieges

 
von Evangelischer Pressedienst
Präsentiert wurde das Buch an Witz-Oberlins früherer Wirkungsstätte - der reformierten Stadtkirche in Wien. Foto: epd/Windisch
Präsentiert wurde das Buch an Witz-Oberlins früherer Wirkungsstätte - der reformierten Stadtkirche in Wien. Foto: epd/Windisch

Neue Publikation über reformierten Wiener Friedenstheologen

Wien (epdÖ) – Das friedenstheologische Erbe des heute weitgehend vergessenen reformierten Wiener Pfarrers und Oberkirchenrats Charles Alphonse Witz-Oberlin birgt eine neue Publikation, die der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld herausgegeben hat. Das Thema des Friedens und der Versöhnung zieht sich durch das gesamte theologische Schaffen des im Elsass geborenen und aufgewachsenen Witz-Oberlins, der in Wien zum Pfarrer ordiniert wurde und später als außerordentlicher Universitätsprofessor wirkte: Vom deutsch-französischen Krieg 1870/71 bis zum Ersten Weltkrieg, dessen Ende er gerade noch erlebte. Am Donnerstag, 3. Oktober, wurde das im Böhlau-Verlag erschienene Buch in der Wiener reformierten Stadtkirche, Witz-Oberlins früherer Wirkungsstätte, präsentiert. Gemeinsam mit Hennefeld skizzierte Coautor Militärsuperintendent Karl-Reinhart Trauner die Umrisse der theologischen Friedensarbeit des ambivalenten Theologen, der bis zuletzt treuer Monarchist blieb. Beiträge zu „Si vis pacem, para mentem: Charles Alphonse Witz-Oberlin als pazifistischer Vordenker“ steuerten die Kirchenhistoriker Karl Schwarz (Wien) und Matthieu Arnold (Straßburg) bei.

Herausgeber Thomas Hennefeld und Mitautor Karl-Reinhart Trauner. Foto: epd/Windisch
Als Friedensstifter in der Nachfolge Jesu

Das besondere an Witz-Oberlins Friedensengagement sei die Unverrückbarkeit seiner Haltung gewesen – auch in einem Klima der Kriegseuphorie wie zu Beginn des Ersten Weltkrieges, betonte Landessuperintendent Hennefeld. „Schnell wurde einer, der nicht für Gott und Vaterland in den Krieg ziehen wollte, als Verräter abgestempelt.“ Witz-Oberlin hingegen sei einer der wenigen gewesen, der schon den drohenden Krieg gesehen und sich dennoch vehement für den Frieden und gegen nationalistische Parolen ausgesprochen habe. Damit war er auch unter den Geistlichen seiner Zeit eine Ausnahme – religiöse Überhöhung des Kampfes galt als leitendes Paradigma: „Für Witz-Oberlin war Jesus Christus vor allem ein Friedensstifter, darin wollte er seine Nachfolge antreten.“ Zugleich aber erinnerte Hennefeld an die monarchistische Grundhaltung des Theologen, die eine nüchterne Sicht auf die Kriegsursachen verstellt habe: „Manchmal gewinnt man den Eindruck, als habe für ihn der Kaiser mit dem Kriegsausbruch nichts zu tun gehabt.“

Kein angepasster Zeitgenosse

Nicht nur als pazifistischen Vordenker, sondern auch als potenzielles Gegenbild zu Vertretern postmoderner Beliebigkeit zeichnete Militärsuperintendent Trauner den streitbaren Charakter Witz-Oberlins: „Er war kein einfacher, smarter, angepasster Zeitgenosse!“ Einerseits habe er sich zwar konsequent um Konsens und Frieden mit anderen bemüht, zugleich habe er dafür keineswegs seine eigene Überzeugung aufgegeben: „Im Gegenteil: Das Festhalten und Einbringen dieser eigenen Überzeugung ist für ihn die Basis eines Konsenses und eines friedlichen Zusammenlebens.“ Diese Haltung habe sich von seiner Position im deutsch-französischen Elsass-Konflikt bis in die Ökumene gezogen: „Er wollte Reformierter bleiben, gerade deshalb aber mit den Lutheranern guter Freund sein.“ Ähnlich sein Selbstverständnis gegenüber der Römisch-katholischen Kirche. Als diese jedoch im Zuge der nationalistischen Los-von-Rom-Bewegung um die Jahrhundertwende eine Austrittswelle erlebte, habe er klar dagegen Stellung bezogen.

„Si vis pacem, para mentem“ („Wenn du Frieden willst, rüste den Geist!“ – ein Zitat aus Witz-Oberlins Schriften) versammelt lange unzugängliche Texte Witz-Oberlins über Krieg und Frieden neu und versieht sie mit kurzen Einleitungen. Thomas Hennefeld untersucht in einem Beitrag Witz-Oberlins Haltung zum Krieg, Karl Schwarz beschreibt seine Bedeutung für den österreichischen Protestantismus und Matthieu Arnold zeichnet die Konturen seiner während des Ersten Weltkriegs gehaltenen Predigten nach. Karl-Reinhart Trauner steuert eine Biographie Witz-Oberlins bei.

Zur Person

Charles Alphonse Witz-Oberlin wurde 1845 in Diedendorf im Elsass geboren, besuchte das Gymnasium in Paris, studierte dann Theologie in Straßburg und Erlangen. Während seines Vikariats in Mühlhausen lernte er seine spätere Frau Maria Stoeber kennen, sie heirateten 1871. Im Jahr 1874 kam die Familie nach Wien. Bereits ab 1875 war Witz-Oberlin außerordentlicher Oberkirchenrat H.B., 1878 folgte die Promotion, ab 1908 war er außerordentlicher Professor an der Wiener evangelisch-theologischen Fakultät. Er verstarb am 13. Dezember 1918.

Erschienen und erhältlich ist „Si vis pacem, para mentem: Chales Alphonse Witz-Oberlin als pazifistischer Vordenker“ im Böhlau Verlag (www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com)

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