Unter Heiligen
Von Gott und der Welt – Michael Chalupka über eine besondere Gemeinschaft
Von Gott und der Welt – Michael Chalupka über eine besondere Gemeinschaft
Anna ist evangelisch, immer schon. Zur Kirche geht sie selten. In den Ferien war es wieder einmal so weit. Sie fühlt sich nicht unwohl im Gottesdienst, kann noch das Vater Unser und das Glaubensbekenntnis und kennt auch viele Lieder. Anna hat im Konfirmandenunterricht aufgepasst. Doch nach dem letzten Kirchgang war sie irritiert. „Warum sagen wir beim Glaubensbekenntnis: ‚Wir glauben an die Gemeinschaft der Heiligen‘, wo wir doch evangelisch sind?“, hat sie mich nach der Kirche gefragt. „Ich dachte Heilige gebe es nur bei den Katholiken.“ „Die Gemeinschaft der Heiligen sind wir alle, alle die wir getauft sind“, versuchte ich ihr zu erklären. „So heilig bin ich aber auch wieder nicht und Du auch nicht“, kam es postwendend zurück. Da hat Anna auch wieder recht. Doch genau darin besteht die Schönheit des Gedankens. Auch wenn wir selber nicht so recht heilig sein können, wird die Heiligkeit des Lebens in der Taufe bestätigt und wir durch die Taufe in eine Gemeinschaft der Geheiligten gestellt. Das mag abstrakt klingen und ein wenig weit weg vom Alltag. Doch es lohnt sich, die Gemeinschaft der Heiligen ganz praktisch auszuprobieren. Die griesgrämige Nachbarin gegenüber, eine Heilige? Oder der Bettler am Trottoir, ein Heiliger? Wer hätte das gedacht. Das eröffnet neue Perspektiven. Nicht zuletzt auf einen selbst. Auch wenn wir uns zu kennen glauben. Das eigene Leben sollte uns heilig sein.