Trump: Evangelisch-theologische Fakultät Wien verurteilt Missbrauch der Bibel
„Rassismus und Antisemitismus können sich nicht auf die Bibel berufen“
Wien (epd) – Die Evangelisch-Theologische Fakultät der Universität Wien hat den Missbrauch der Bibel durch Donald J. Trump im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um Rassismus in den USA scharf verurteilt. „Die Bibel wie ein Feldzeichen zu verwenden und sich als angeblichen Beschützer der Christen mit der Bibel in der Hand vor einem Kirchengebäude zu inszenieren – das zerstört die biblische Botschaft der Nächstenliebe, Feindesliebe und Barmherzigkeit“, heißt es in einer Stellungnahme der Fakultät, die am Freitag, 5. Juni, veröffentlicht wurde. Darin distanzieren sich die in Wien lehrenden theologischen Forscherinnen und Forscher deutlich von dieser missbräuchlichen Verwendung der Bibel. Wenn mit dem Symbol der Bibel Gewalt gerechtfertigt werde, wiederhole sich ein „fataler Fehlgriff, der zu Leid und Unterdrückung über Jahrhunderte beigetragen hat“. Zu oft schon seien im Namen der Bibel oder im Namen des christlichen Gottes Gewalt gerechtfertigt, Kriege geführt und Verurteilungen ausgesprochen worden.
„Unser Anliegen ist es, im weltweiten Dialog die biblischen Texte sowie ihre Wirkungsweisen in Geschichte und Gegenwart zu untersuchen“, betonen die evangelischen Theologinnen und Theologen. Die Geschichte des Missbrauchs der Bibel zur Begründung rassistischer Vorurteile und zu politischer Inszenierung sei kritisch aufzuarbeiten, um den dahinterstehenden Mechanismen, wie sie in dieser Aktion von Donald Trump wieder erkennbar wurden, vorzubeugen.
Zugleich, so die Theologinnen und Theologen weiter, „sind wir bemüht, die alle Spaltungen überschreitende Botschaft von Gottes Liebe, die sich in der Bibel des Alten und des Neuen Testaments gleichermaßen findet, vor denen zu verteidigen, die sie leugnen. Christen und Christinnen aus allen Gesellschaftsteilen, jeder Hautfarbe und jeder Herkunft, haben aus der Bibel gelernt, Menschen ohne Unterschiede als Geschöpfe Gottes zu respektieren und ihnen in Liebe zu begegnen. Rassismus und Antisemitismus können sich nicht auf die Bibel berufen“.
Trump hatte am Montag im Anschluss an eine Rede im Weißen Haus, in der er mit dem Einsatz des US-Militärs gegen die anhaltenden Proteste gedroht hatte, vor der historischen Saint John’s Church in Washington mit einer in der Hand hochgehaltenen Bibel für ein Foto posiert. Im Vorfeld soll es um das Weiße Haus herum zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen sein. Die auch nach Angaben mehrerer anglikanischer Geistlicher friedlichen Proteste vor der Kirche wurden gewaltsam und auch unter Einsatz von Tränengas zerstreut, um dem Präsidenten den Weg zur Kirche freizumachen.