Robert Jonischkeit: „In Religion und Kirche brauchen wir mehr Widerspruchsgeist“

 
von Evangelischer Pressedienst

Neuer burgenländischer Superintendent feierlich in sein Amt eingeführt

Mörbisch/Eisenstadt (epdÖ) – Mit einem Festgottesdienst in Mörbisch am Neusiedler See ist der neue evangelisch-lutherische Superintendent im Burgenland, Robert Jonischkeit, durch Bischof Michael Chalupka in sein Leitungsamt eingeführt worden. Bei der Feier am Samstag, 16. Oktober, rief der bisherige Pfarrer von Kufstein dazu auf, öfter „gegen den Strom“ zu schwimmen: „Vom Widerspruchsgeist brauchen wir in Religion und Kirche jedenfalls mehr“, betonte Jonischkeit in seiner Predigt aus der evangelischen Christuskirche in Mörbisch: „Kritisch betrachten, was die Pfarrerin oder der Pfarrer sagt, nicht blindlings alles ausführen, was in der Bibel steht. Selbst nachdenken. Den Glauben auch mit Vernunft und Verstand betrachten. Das ist protestantischer Geist.“

Die Amtseinführung nahm der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka vor. Gekommen waren auch zahlreiche Festgäste aus Politik, Kirche und Ökumene, darunter der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, Landtagspräsidentin Verena Dunst und der römisch-katholische Generalvikar Michael Wüger, der den erkrankten Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics vertrat. Den Gottesdienst mitgefeiert haben auch die Superintendenten und Superintentialkurator*innen der evangelischen Diözesen, die Mitglieder der gesamtösterreichischen Kirchenleitung, Synodenpräsident Peter Krömer, die Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Arbeitsbereiche der Evangelischen Kirche im Burgenland, die Pfarrerinnen und Pfarrer ebenso wie zahlreiche ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Mit Verweis auf einen Brief des Apostels Paulus ermutigte Jonischkeit die Gottesdienstgemeinde dazu, den „Geist der Knechtschaft“ abzulegen und „zu sein, was wir sind: Kinder Gottes“. „Haben Sie Mut dazu. Gott traut Ihnen das zu, wie wir unseren eigenen Kindern zutrauen, gehen zu lernen.“ Die damit einhergehende Freiheit bedeute aber immer zugleich Verantwortung: Dazu gehöre, für die eigene Meinung einzustehen und mit anderen Positionen in Diskurs zu treten: „Und manchmal heißt es auch, gegen den Strom zu schwimmen. Das kann Kraft kosten. Und man macht sich damit nicht immer nur Freunde.“ Paulus selbst habe die Christinnen und Christen als „Kinder Gottes“ auch zu „Gottes Erben und Miterben Christi“ erklärt. Dieses Erbe gelte es mutig anzunehmen. Nachfolge Christi bedeute dennoch, die eigenen Wege gehen zu müssen: „Als Kinder Gottes. Mutig und von Gott gesegnet. Aber ohne Garantie, nicht irgendwann von der Gesellschaft dafür an eines der zahlreichen Kreuze geschlagen zu werden, die manche Zeitgenossen für sogenannte Gutmenschen, Kinder Gottes und Erben Christi vorgesehen haben.“

Bischof Chalupka: Bereicherung für die Evangelische Kirche im Burgenland

„Du bringst vieles mit, was die Evangelische Kirche im Burgenland bereichert“, sagte Bischof Michael Chalupka bei der Amtseinführung. Der Bischof erinnerte u.a. an die Führungserfahrung, die sich Jonischkeit erworben habe, seine Tätigkeit als Notfallseelsorger oder seine Dissertation an der Katholisch-theologischen Fakultät, die „die besten Voraussetzungen für das ökumenische Gespräch im Burgenland schafft“. Im Miteinander von Haupt- und Ehrenamtlichen sei Jonischkeit ebenso geübt wie in der Zusammenarbeit auf gesamtösterreichischer Ebene. „Wir freuen uns, dass du dein Leben in den Dienst der Kirche und ganz besonders in den Dienst der Superintendenz Burgenland stellst“, so der Bischof.

Landeshauptmann Doskozil: Christliche Werte als wichtiges Korrektiv im Miteinander

Mit Blick auf die heurigen 100-Jahr-Feierlichkeiten im Burgenland betonte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil die gemeinsamen Anstrengungen der Menschen und Institutionen, die das Land dorthin gebracht hätten, wo es heute stehe: Besonders auch die Kirchen hätten wesentlich zum erfolgreichen Gelingen beigetragen. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt brauche es immer wieder Korrektive. Er sei überzeugt, „dass unsere christlichen Werte hier ein wichtiges und gutes Korrektiv sind“. Dem neuen Superintendenten überreichte der Landeshauptmann ein Kreuz, das ein Golser Künstler gestaltet hatte. Das Kreuz bilde eine Mitte, ebenso sollten, so der Landeshauptmann, „wir uns auch im Diskurs der verschiedenen Meinungen und Interessen in der Mitte alle wieder treffen“.

Generalvikar Wüger: Vielfalt muss immer vor Trennendem stehen

Der römisch-katholische Generalvikar Michael Wüger verdeutlichte seine Wünsche für den neuen Superintendenten mit drei Geschenken: einem Handtuch, dem Martinskreuz und einem Pilgerstab. Das Handtuch stehe „für das Leben, das Alltägliche, das Normale, aber auch für Gelassenheit und Ausruhen“. Jonischkeit werde es brauchen, denn „manches wird Dich in Deinen Aufgaben zum Schwitzen bringen“. Das Martinskreuz des katholischen Diözesanpatrons möge Kraft geben „den Gekreuzigten zu predigen und ihn mit dem Leben zu verbinden, denn das Kreuz bleibt der Ernstfall der Liebe Gottes“. Den Pilgerstab schließlich überreichte Wüger als Zeichen des „Auf-dem-Weg-Seins“ in der Ökumene. Wüger würdigte Jonischkeits ökumenische Offenheit und erinnerte gleichzeitig an die Verdienste dessen Vorgängers, Superintendent Manfred Koch, und den früheren Diözesanbischof Paul Iby als „Baumeister der Ökumene im Burgenland“. Auch für Bischof Ägidius Zsifkovics sei die Ökumene „ein Herzensanliegen, denn Vielfalt muss immer vor dem Trennenden stehen“.

Liturgisch mitgewirkt haben bei der Amtseinführung, die live auf ORF 3 und ORF 2 Burgenland übertragen wurde, Superintendentialkuratorin Christa Grabenhofer, die Senioren und Stellvertreter des Superintendenten, Carsten Marx und Joachim Grössing, Lektorin Gertraud Rusche sowie als Assistentinnen bei der Amtseinführung Pfarrerin Silvia Nittnaus und Pfarrerin Sieglinde Pfänder. Für die musikalische Gestaltung verantwortlich waren Elisabeth Pratscher-Musil (Sopran), Diözesankantor Christiaan van de Woestijne (Orgel), ein Vokalquartett des Wimmer Gymnasiums Oberschützen mit Anna Widmer, Viola Stocker, Kilian Hirschmugl, Marvin Wolf (Gesang), Clemens Ritter (Orgelbegleitung), Elisabeth Bundschuh und Martina Benedek (Leitung) sowie ein Barockensemble mit Christoph Schauer (Flöte), Gerlinde Sbardellati (Oboe und Leitung), Gert Schubert (Violine) und Nikolai New (Violoncello).

Zur Person

Robert Jonischkeit wurde 1973 in Innsbruck geboren. Nach dem Studium der Theologie absolvierte er ein Diakoniepraktikum in Kolumbien. Er war als Pfarrer in Wels, Fresach und Saalfelden und die letzten sieben Jahre in Kufstein tätig. 2010 schloss Jonischkeit sein Doktoratsstudium an der Katholisch-theologischen Fakultät der Universität Innsbruck mit einer Arbeit zur Friedensethik ab. Anfang März wurde Jonischkeit zum burgenländischen Superintendenten gewählt. In diesem Amt folgt er auf Manfred Koch, der in den Ruhestand getreten ist. Jonischkeit, der sein Amt am 1. September angetreten hat, ist verheiratet und hat zwei Söhne und eine Tochter. Zu den Aufgaben des Superintendenten gehört die geistliche Führung der Diözese. Er hat die Aufsicht über die kirchlichen Ordnungen und die schriftgemäße Verkündigung. Zu den bischöflichen Rechten gehören die Ordination von Pfarrer*innen und die Visitation von Pfarrgemeinden. Jonischkeit ist für eine Amtszeit von 12 Jahren gewählt, eine Wiederwahl ist möglich.

Im Burgenland leben rund 31.000 Evangelische in 29 Pfarrgemeinden. Mit etwas über 10 Prozent ist im Burgenland der Anteil der Evangelischen an der Gesamtbevölkerung am höchsten.

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