Religionsunterricht - Reflexion, Bildung und demokratische Werte aus "erster Hand"

Der Wiener Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) erneuerte am 11. Juni seine Forderung nach einem für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtenden Gegenstand „Leben in einer Demokratie“ ab der ersten Klasse Volksschule, in dem Demokratie, Werte und Ethik sowie Wissen über alle anerkannten Religionen vermittelt werden sollen.

 
von Gratzer
Kinder in der Schule

Die Schulamtsleiterin Andrea Pinz des Erzbischöflichen Amtes für Schule und Bildung stellte bereits klar, dass der konfessionelle Religionsunterricht einen wesentlichen Beitrag zur Werte- und zur Demokratieerziehung leistet. Der jeweilige konfessionelle Religionsunterricht ermöglicht „eine reflektierte Auseinandersetzung mit den eigenen religiösen Wurzeln, mit Religion im Allgemeinen, mit Diversität und er fördert damit auch den interreligiösen Dialog, der ja speziell dann gut gelingt, wenn wir genügend voneinander wissen“. (aus: https://religion.orf.at/stories/3225397/)

Fachinspektor Lars Amann hält dazu ebenfalls fest: „Demokratie ist kein abstrakter Begriff, sondern wirkt sich ganz konkret aus: Sie schützt Minderheiten und bekämpft Diskriminierung. Der Vorschlag des Vizebürgermeisters ist demokratiefeindlich, weil er die Rechte religiöser Minderheiten massiv in Frage stellt. Er trägt obendrein zur Diskriminierung der muslimischen Schüler*innen bei, die vom Verbot des Religionsunterrichts besonders hart getroffen würden. Der Vorschlag, die Demokratie mit demokratiefeindlichen Maßnahmen zu fördern, ist ebenso absurd wie populistisch.“

In jeden Unterricht werden zuerst die Grundlagen vermittelt, bevor dann auf weiterführende und tiefere Fragestellungen eingegangen wird. Daher ist es notwendig, so Fachinspektorin Katja Eichler, dass der „konfessionelle Religionsunterricht für die Schülerinnen und Schüler diese Grundlagen auch schafft, welche von gut ausgebildeten Religionslehrer:innen vermittelt werden. Um miteinander ins Gespräch zu kommen, ist die Beschäftigung mit eigenen Traditionen und Werten, des Menschenbildes und der eigenen Geschichte unumgänglich.

Zusätzlich gibt es viele interreligiöse Projekte an Schulen und vor allem interreligiöse Schulfeiern. Hier erleben Schüler:innen, dass Religionslehrer:innen unterschiedlicher Konfessionen und Religionen zusammenarbeiten und vor allem auch miteinander feiern können. Dieses Lernen am Vorbild trägt wesentlich zu einer gelingenden Schulgemeinschaft bei.“

Zur evangelischen Position ergänzt der evangelisch-lutherische Superintendent und Schulamtsleiter Matthias Geist, dass er weder das erste Statement Wiederkehrs noch die erläuternden Gedanken des Vizebürgermeisters für hilfreich in der bildungspolitischen Diskussion halte. Sie seien in letzter Konsequenz "nicht durchdacht" und tragen "weder sinnerfassend noch zielführend" zum Diskurs über die demokratiepolitischen und ethischen Bildungsziele, auch des Religionsunterrichts bei: "Denn unsere schulischen Bemühungen zielen im Religionsunterricht auf Toleranz in allen Lebensbezügen, auch in Auseinandersetzung mit Glaubensfragen und persönlichen Werthaltungen". Die Kompetenz, religiöse Traditionen zu erfassen und Standpunkte zu reflektieren, benötige "authentische und fachlich ausgewiesene" Personen, so Geist.

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