Reformationstag im Häf‘n

Daniela Schwimbersky ist neue Gefängnisseelsogerin in Wien

 
von Martina Schomaker
Wiens evangelische Gefängnis-seelsorgerin Daniela Schwimbersky hinter dem Altar  der Evangelischen Kapelle in der JA Josefstadt.
Wiens evangelische Gefängnis-seelsorgerin Daniela Schwimbersky hinter dem Altar der Evangelischen Kapelle in der JA Josefstadt.

Am 31. Oktober feiern Evangelische in Wien den „Reformationstag“ – auch in der Justizanstalt Josefstadt. „Eine der Botschaften des Reformationstages, dass wir alle gleichzeitig Gerechte und Sünder sind, wirkt im Gefängniskontext natürlich besonders“, sagt Pfarrerin Daniela Schwimbersky, die zwei Gottesdienste in der Justizanstalt Josefstadt am Reformationstag halten wird. Die 46-Jährige ist seit September 2019 die erste hauptamtlich angestellte Frau in der Wiener Gefängnisseelsorge. Bis zu seiner Wahl zum Superintendenten war Matthias Geist 17 Jahre auf dieser Stelle als Gefängnisseelsorger tätig.

Wenn zum Reformationstag darüber gesprochen werde, dass allein Gott es vermag, den Menschen von seinen Sünden loszusprechen – und kein Ablassbrief – sei das im Gefängnis ein besonderer Moment, so Schwimbersky. Sie deutet auf ein Bild in der Evangelischen Kapelle der Justizanstalt Josefstadt, das ein Insasse gefertigt hat: „Only God can judge me“ steht unter einem Jesus-Bildnis mit Dornenkrone geschrieben.

„Menschen in Haft sind unausweichlich mit ihrer Täterrolle und ihrer Schuld konfrontiert. Wie sie damit umgehen ist sehr unterschiedlich. Und doch hat die Auseinandersetzung damit immer zumindest zwei Ebenen: Zum einen der Schuldausgleich gegenüber der Gesellschaft, zum Beispiel in Form ihrer Haftzeit. Ganz besonders sind auch jene Menschen mitzudenken, die von der Tat betroffen sind, dazu zählen neben den durch die Tat Geschädigten auch Angehörige und in wieder besonderer Weise betroffene Kinder. Zum anderen der Schuldausgleich mit sich selbst. Das Nachdenken über die Tat, die Einsicht und das wieder mit sich ins Reine kommen halte ich für die weit schwierigere Aufgabe“, sagt die Pfarrerin. Hier bietet sie als Seelsorgerin ihre Unterstützung an.

„In den Seelsorge-Gesprächen schenken wir Vertrauen, wo sonst keines mehr ist“, so Schwimbersky. „Ein Gottesdienst ist für die Inhaftierten eine Auszeit. Er bietet Zuspruch, andere Klänge als im Haftalltag sowie Aktivität wie singen, lesen, beten statt Passivität. Gemeinschaft, wo Einsamkeit zur Qual wird.“ Als Gefängnisseelsorgerin für Wien betreut die Pfarrerin gemeinsam mit einem ehrenamtlichen Team Haftinsassen und Haftinsassinnen in der Josefstadt sowie in den Justizanstalten in Favoriten, am Mittersteig und in Simmering.

Tag der Reformation im Gefängnis? „Dass im Strafvollzug vieles nach Reformen schreit, ist nicht zu überhören“, sagt Daniela Schwimbersky. „Für die Haftinsass*innen wird dies zum traurigen Alltag, dem sie nicht entfliehen können. Justizwachebeamt*innen versuchen den gesetzlich geregelten Strafvollzug so gut es mit dem weit zu niedrigen Mitarbeiter*innenstand geht, aufrecht zu erhalten. Trotz allem gibt es Einschränkungen für Haftinsass*innen und Mitarbeiter*innen, die auf Dauer nicht zu akzeptieren sind.“ Umso wichtiger ist es für sie, da zu sein, hin zu hören und zu begleiten.

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