Protestanten G´schichten – im Truck und auf der Bühne

Alle Fotos von der Wiener Station auf dem „Europäischen Stationenweg“

 
von Martina Schomaker
Bischof Michael Bünker im Gespräch mit Schauspieler Karl Markovics
Bischof Michael Bünker im Gespräch mit Schauspieler Karl Markovics (c) Michael Haberfellner

Dass die Evangelischen in Wien etwas Besonderes gefeiert haben und bekennen – das zeigte sich am Freitag, 18., und Samstag, 19. November, zwischen dem Burgtheater und dem Café Landtmann: Zum Auftakt des 500-Jahr-Jubiläums der Reformation stand dort ein 28-Tonnen-Showtruck. Dieses „Geschichtenmobil“ bereist den „Europäischen Stationenweg“ von November 2016 bis Mai 2017 und hat in Wien – der siebten von insgesamt 68 Stationen – Halt gemacht.

Unter dem Motto „Frei samma! Da Jesus hod uns aussegrissn“ wurde an jenem Wochenende die evangelische Seite Wiens erlebbar werden: Seit wann gibt es Evangelische in Wien? Was glauben Evangelische? – Diese und weitere Fragen wurden auf ansprechende, musikalische und manchmal auch auf selbstironische Art beantwortet.

Zuerst am Freitagabend beim ökumenischen Auftakt mit einem Interview: Jugendliche stellten vor rund 200 Zuhörern ihre Fragen zur Ökumene und zur Reformation an Superintendent Hansjörg Lein, Superintendentialkuratorin Dr. Inge Troch, Weihbischof Franz Scharl und an Dr. Volker Jung, Kirchenpräsident von Hessen/Nassau (Deutschland).

Einen You-Tube-Beitrag zum Freitagabend sehen Sie mit einem Klick hier.

Am Samstag eroberten mehrere Hundert Neugierige von 10 bis 18 Uhr das Geschichtenmobil. An Bildschirmen entdeckten sie die zuvor gesammelten „Wiener Protestanten G´schichten“ (z.B. Stadtführung mit Bischof Michael Bünker) und konnten auch eigene Reformationsgeschichten in unterschiedlichen medialen Formen erzählen.

Ab 13.30 Uhr gab es nicht nur ein Catering zu genießen, das die Pfarrgemeinde Ottakring und das INKU-Café der Pfarrgemeinde Währing und Hernals in der Punschhütte des Café Landtmanns anboten, sondern auch ein Begleitprogramm im Theater „Neue Tribüne Wien“ im Untergeschoss des Café Landtmanns:

Den Anfang dort machten Karl-Heinz Pohl und Manfred Schwarz an der Gitarre – sie sangen Wiener Lieder. Lektor Andreas Berghöfer aus Liesing las dazu biblische Texte, die er selbst ins Wienerische übersetzt hatte. Eine Kombination, die begeisterte.

Daran schloss sich ein buntes Familien- und Konfi-Programm an: Diözeankantorin Yasuko Yamamoto ermutigte Jugendliche und Kinder auf der Bühne des Theaters mit ihr gemeinsam zu singen. Der methodistische Pastor Martin Siegrist zeigte Yo-Yo-Tricks und erklärte dabei, warum er Yo-Yo-Meetings und Kirche mag: Beides sind Gemeinschaften, wo die Leute eine Leidenschaft verbindet – eine Leidenschaft, die andere vielleicht für meschugge halten, die für einen selbst aber wichtig und richtig ist. Nach Martin Siegrist eroberte Zauberer Paul Aurel die Bühne und unterhielt das junge Publikum.

Beim anschließenden Programmpunkt „Frei samma!... oder?“, der vom Ghana Minstrel Choir eröffnet wurde, platzte der Theatersaal aus allen Nähten. Schauspieler Klaus Rott amüsierte mit zwei kurzen Lesungen von „Ä“ (u.a. ein Songtext der Punkband „Die Ärzte“) bis „Z“ (u.a. ein Kurztext von Lothar Zenetti). Nach der ersten Lesung unterhielt sich Bischof Michael Bünker mit Schauspieler und Regisseur Karl Markovics, im Besonderen über dessen Filme „Atmen“ und „Superwelt“. Das Schöpferische beim Filmemachen, die Umsetzung einer Gottesbegegnung im Film (in Markovics „Superwelt“ tritt Gott auf, aber weder als Erscheinung noch als Stimme) und Wunder im Kleinen und im Großen  (Markovics: „Die Welt ist für mich per se ein Wunder“) kamen beispielsweise zur Sprache. Das zweite Bühnengespräch führten Superintendent Hansjörg Lein und Volker Jung, Kirchenpräsident von Hessen/Nassau (Deutschland) u.a. über den Widerstandskämpfer und Pfarrer Martin Niemöller, über Antisemitismus, Ökumene und Flüchtlingspolitik.

Nach einer kurzen Umbaupause spielte die Nachwuchsgruppe „Louisa Specht & Band“ auf und die Floridsdorfer Presbyterin Sissy Kocner und Krankenhausseelsorger Karl Weinberger – unterstützt von Ruth Göttlicher –  hielten das Zwerchfell des Publikums in Atem. Viel Applaus und viele Lacher ernteten ihre Kabarett-Sketsche, in denen zum Beispiel Katharina von Bora „ihren Martin“ von 150 auf 95 Thesen herunterhandelt („Kannst du nicht einmal etwas in drei Sätzen sagen?“) oder eine Frau beim Fundbüro ihren verlorenen Glauben sucht. Amüsant und tiefgründig ging es beim Preacher Slam mit Priester Helmut Schüller, Fanny, Andrea Graf und Sabine alias Reimfieber weiter. Den Dichter-Wettstreit gewann Sabine mit einem Punkt Vorsprung vor Andrea.

Bei einem Clubbing mit Wolfram klang der Tag rund um die Station Wien auf dem Europäischen Stationenweg aus.

„Ein äußerst gelungenes Wochenende, das großen Anklang fand und Jung und Alt aus ganz Wien begeistert hat“, resümierte Superintendent Hansjörg Lein. „Ein großer Dank gilt den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern!“

 

Hier sehen sie mit einem Klick alle Fotos zur „Station Wien“ auf dem Europäischen Stationenweg.

Informationen über die weitere Route des Geschichtenmobils unter www.r2017.org

 

Text: Martina Schomaker

Foto: Michael Haberfellner, Martina Schomaker

Tolle Kulisse: Das "Geschichtenmobil" am Freitagabend vor dem beleuteten Rathaus

Tolle Kulisse: Das "Geschichtenmobil" am Freitagabend vor dem beleuteten Rathaus

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