Ökumenische Notfallseelsorge feierte 20-jähriges Bestehen
Festakt und Fachtagung : „Glaube angesichts von Leid“
Puchberg/Wels (epdÖ) – Mit einer Fachtagung und einem Festakt ist am Samstag, 29. Februar, im Bildungshaus Puchberg bei Wels das 20-Jahr-Jubiläum der ökumenischen Notfallseelsorge in Österreich gefeiert worden. In seinem Grußwort bezeichnete der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka die Sorge um den in Not geratenen Nächsten als ureigenstes christliches Kernanliegen. Er wolle allen Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorgern danken, „dass Sie in diesen Momenten der Gottverlassenheit bei den Menschen sind, ihre Verzweiflung hören und aushalten“.
Der römisch-katholische Militärbischof Werner Freistetter, zuständig für die Notfallseelsorge in der katholischen Bischofskonferenz, bekräftigte in seinem Grußwort die Selbstverständlichkeit, mit der die Kirche in diesem seelsorglichen Bereich an der Grenze des Lebens Präsenz zeigen muss. „Gott, der so oft verborgen ist, trägt, wenn nichts mehr trägt“, hielt Freistetter fest. Allen Notfallseelsorgern dankte er für ihr Zeugnis im Beistehen der Menschen, die in Not sind.
Weitere Grußworte beim Festakt kamen von Severin Lederhilger, Generalvikar der Diözese Linz, verlesen wurde auch eine Botschaft des lutherischen Altbischofs Herwig Sturm. Er hatte die Notfallseelsorge vor 20 Jahren maßgeblich mitinitiiert. Das Grubenunglück von Lassing, die Lawinenkatastrophe von Galtür und andere Ereignisse hätten damals gezeigt, „dass Menschen in Extremsituationen seelsorgerlichen Beistand brauchen und dass diese Seelsorger dazu besondere Fähigkeiten und für ihren Einsatz entsprechende Strukturen brauchen“, erinnerte Sturm an die Anfänge. Der evangelische Pfarrer Martin Vogel, ein Notfallseelsorger der ersten Stunde, blickte in seinen Ausführungen im Detail zurück auf die 20-jährige Geschichte der Notfallseelsorge.
Karl Schiefermair, Oberkirchenrat der evangelischen Kirche Österreichs und in seiner Kirche für die Notfallseelsorge verantwortlich, betonte, dass der Glaube an alle Orte des Lebens gebracht werden soll, auch und gerade an Orte der Not in belastenden Situationen. Er werde sich dafür einsetzen, dass dieser Dienst auch in Zukunft verlässlich weiter geführt wird.
Die NotfallseelsorgerInnen bei der Jubiläumstagung.
Claudia Schröder, evangelische Notfallseelsorgerin und Mitinitiatorin des Symposiums unter dem Titel „HoffnungSLos?! Glaube angesichts von Leid“, bezeichnete gegenüber dem Evangelischen Pressedienst für Österreich die Mitarbeiter der Notfallseelsorge als „‚Symbolfiguren‘ für einen Trost, der trägt, wenn nichts mehr trägt, für eine Hoffnung, die weiter reicht als der Schrecken vor Augen“. Es gehe ums „Dasein und Aushalten von Ohnmacht, wo Menschen von jetzt auf gleich den Boden unter den Füßen verloren haben, bevor wieder ein erster, oft zaghafter Schritt ins Leben möglich werden kann.“
Andreas Müller-Cyran, Leiter der Krisenpastoral in der Erzdiözese München und Freising, sprach in seinem Fachreferat über Erfahrungen des plötzlichen Todes. Notfallseelsorger würden mit ihrer Präsenz im Aushalten der Situation eine Hoffnung geben, die über den Tod hinaus weist: „Diese Präsenz bietet Trost in Hilflosigkeit, Ohnmacht und Sprachlosigkeit.“
Der Bielefelder Professor für Diakoniewissenschaften Thomas Zippert stellte die Frage, von welchem „Trost“ die Notfallseelsorge lebe und von welchem Gottesbild ihr Tun geprägt sei. Er beschrieb die Notfallseelsorge als einen „Beistand, der bleibt, nicht davonläuft und im Hinsehen die Situation des Leids anerkennt.“ Trost könne man freilich nicht spenden, Trost werde erfahrbar, „wo Gott sich als Schöpfer, als Erlöser und Richter offenbart“. Zippert sprach von einem „Gott, der sich als liebender Erlöser in der Kraft des Aushaltens offenbart“ und von einem „Gott als Richter und letzte Instanz bei den vielen unaufgelösten Situationen von verschuldetem menschlichem Leid“.
Die Notfallseelsorge ist ein österreichweites Angebot der katholischen und evangelischen Kirche und gilt allen Menschen unabhängig ihrer Religion. Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger kommen dann zum Einsatz, wenn Menschen durch einen Unfall, ein traumatisches Erlebnis oder den plötzlichen Verlust von nahestehenden Menschen in ihrem Leben erschüttert sind. Die Alarmierung erfolgt über Einsatzorganisationen wie Rotes Kreuz, Feuerwehr oder Polizei.
Informationen: www.notfallseelsorge.at