Moser: Klimaschutz ist Frage der sozialen Gerechtigkeit
Diakonie-Direktorin im „Standard“: Soziale und ökologische Vernunft müssen Hand in Hand gehen
Wien (epdÖ) – Vor den sozialen Risiken einer ungerechten Klimapolitik warnt die Direktorin der Diakonie, Maria Katharina Moser. „Es gilt, Klimapolitik als Sozialpolitik zu gestalten und der Klimakrise mit Instrumenten des Sozialstaats entgegenzutreten“, schreibt sie in einem Gastkommentar für die Tageszeitung „Der Standard“ am Montag, 12. September. Kritik übt die Chefin der evangelischen Hilfsorganisation an ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer. Dieser hatte Österreich im ORF-Sommergespräch als „Musterland, was den Klimaschutz betrifft“ bezeichnet. „Kein Wort zur Reduktion der Emissionen. Kein Wort zur CO2-Steuer“, kritisiert Moser. Um die Umsetzung der Bepreisung von 30 Euro pro Tonne Emissionen, die bereits einmal von Juli auf Oktober verschoben wurde, sei es „merkwürdig still“.
Kritik an Bundeskanzler Nehammer für Schweigen zu CO2-Bepreisung
Klar sei, dass Arme überproportional von den Folgen der Klimakrise betroffen sind. Ob eine CO2-Steuer unsozial ist oder im Gegenteil sogar sozial sei, hänge von ihrer Ausgestaltung ab, zeigte sich Moser überzeugt. Um zweiteres zu sein, müsse sie „erstens abgefedert werden durch einen Ökobonus, der bei den unteren Einkommen stärker ausgleicht, den reichsten 20 Prozent, die sich am klimaschädlichsten verhalten, hingegen nicht zugutekommt. Zweitens ist entscheidend, wofür die zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Steuer verwendet werden.“ Drittens müsse der öffentliche Verkehr ausgebaut und seine kostenfreie Nutzung mittels „Mobilitätsbonus“ ermöglicht werden. „An der CO2-Steuer zeigt sich: Klimaschutz ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit“, so Moser.
„Wie das Amen im Gebet“
Sollte es nun wieder zu einer Diskussion kommen, werde das Argument, dass CO2-Abgaben unsozial seien, „wie das Amen im Gebet“ kommen, konstatiert Moser. Es sei eine beliebte rhetorische Figur, sorgenvoll festzustellen, „die Armen hätten ja nicht genug Geld für Bioprodukte, wie soll es da jemals was werden mit dem Umweltschutz?“ Praktischerweise müsse man dann nicht mehr über sich selbst reden und darüber, dass Reiche die Umwelt ungleich mehr belasten als Arme, so Moser.
Fakt sei, die reichsten zehn Prozent der Österreicherinnen und Österreicher verursachten doppelt so viele CO2-Emissionen wie Durchschnittsverdienende und viermal so viele wie die ärmsten zehn Prozent, hält Moser fest. Gleichzeitig seien Menschen mit wenig Geld in wesentlich höherem Ausmaß von den Folgen der Klimakrise betroffen. „Sie haben es schwerer, der Hitze zu entkommen. Ihre Wohnungen sind enger und heißer, in ihren Vierteln gibt es weniger kühle Oasen wie Gärten oder Parks“, schreibt Moser.
Deswegen sei es die „Herausforderung der Stunde“, dass soziale und ökologische Vernunft Hand in Hand gingen. Die Klimakrise sozialpolitisch in Angriff zu nehmen heiße, ihre negativen Auswirkungen auf Menschen mit geringem Einkommen mit sozialstaatlichen Mitteln auszugleichen; in öffentliche Infrastruktur, die für alle zugänglich ist, zu investieren und Klimaschutzmaßnahmen auf ihre Verteilungswirkung hin zu überprüfen, so die Diakonie-Direktorin abschließend.