Mehr als 4.000 Teilnehmende bei den Christlichen Begegnungstagen 2024
Frankfurt an der Oder: Großes Kirchentreffen erstmals wieder nach pandemiebedingter Zwangspause
Frankfurt a.d. Oder/Slubice (epd) – Kultur, Diskussionen, Gebete: Mehrere tausend Menschen haben in Frankfurt an der Oder und im polnischen Slubice die Christlichen Begegnungstage (CBT) gefeiert. Verschiedene Kirchenvertreter:innen riefen bei dem dreitägigen internationalen Treffen, das am 9. Juni mit einem Open-Air-Gottesdienst zu Ende ging, dazu auf, die gesellschaftliche Bedeutung des christlichen Menschenbildes in Öffentlichkeit und Politik stärker zu betonen. Insgesamt standen unter dem Motto „Nichts kann uns trennen“ rund 150 Veranstaltungen auf dem Programm. Es waren die ersten Christlichen Begegnungstage seit dem Jahr 2016 in Budapest.
An den drei Tagen wurde die gesamte Frankfurter Innenstadt zum Schauplatz zahlreicher Aktivitäten, darunter Reden und Diskussionen, Workshops und musikalische Darbietungen. Die Veranstaltung wurde in fünf Sprachen durchgeführt und von sieben Kirchen aus Polen, Tschechien, Ungarn, Österreich, Slowenien, der Slowakei und der Ukraine ausgerichtet und begleitet. Unter den Gästen waren viele katholische Vertreter:innen, die die ökumenische Ausrichtung der Veranstaltung unterstrichen.
Chalupka: Wertvoller internationaler Austausch
Auch der österreichische evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka war bei den CBT dabei und reichte die Stafette an die Gastgeber in der Doppelstadt an der Oder weiter. 2020 hätte das internationale Christentreffen in Graz stattfinden sollen – zum ersten Mal in Österreich. Aufgrund der Coronapandemie musste es jedoch kurzfristig abgesagt werden. „Umso schöner, dass wir uns dieses Jahr wieder treffen können“, so Chalupka in seinem Grußwort. Das freundschaftliche Zusammentreffen der Kirchen wie auch der Gemeinschaft der Christinnen und Christen aus vielen Regionen und Nationen bezeichnete er „in politisch unsteten Zeiten“ als „ein hohes Gut.“ Die Diasporasituation der Evangelischen Kirche in Österreich mache den internationalen Austausch „für uns umso wertvoller“, betonte der Bischof, der bei den Begegnungstagen an einer Podiumsdiskussion zu Fragen des Klimaschutzes und der ökologischen Transformation mitwirkte.
Präses Heinrich für mehr kirchliches Selbstbewusstsein
In der Debatte über sinkende Mitgliederzahlen und den Bedeutungsverlust der Kirchen forderte die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, in Frankfurt an der Oder mehr kirchliches Selbstbewusstsein. „Wir haben eine so mächtig menschenliebende Botschaft“, sagte sie. Die Überzeugung, dass alle Menschen gleich viel wert sind, auch in politische Debatten einzubringen, sei eine wichtige Aufgabe der Kirchen. Kirchliche und außerkirchliche Jugendarbeit hätten zudem große Möglichkeiten, demokratische Werte zu vermitteln und einzuüben. Demokratie sei „das Beste, was wir haben und was uns zusammenhält“.
Der Bischof der gastgebenden Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, sagte, kirchliche Aufgabe im politischen Bereich sei vor allem, „den Möglichkeitssinn zu erweitern und den Gewissenssinn zu schärfen“. Lösungen für aktuelle Herausforderungen müssten hingegen in der Politik gefunden werden. Dies gelte derzeit insbesondere mit Blick auf Fragen von Migration und Flüchtlingen. Dort müssten gemeinsame europäische Lösungen entwickelt werden, die die komplexen Herausforderungen berücksichtigen, sagte er.
Bischof Pavlo Shvarts aus Charkiw: Glaube als Quelle der Hoffnung
Zum Abschluss der Begegnungstage feierten am Sonntag zahlreiche Menschen in der Innenstadt von Frankfurt an der Oder einen Open-Air-Gottesdienst. Daran nahmen auch mehrere Bischöfe aus verschiedenen Ländern teil, wie etwa der ukrainische lutherische Bischof Pavlo Shvarts aus Charkiw. Er warnte in seiner Predigt angesichts des russischen Angriffskriegs in seinem Land vor unbedachten Worten des Trostes. Worte wie „das Leben geht weiter“ und „alles wird gut“ seien nicht tröstlich. Hoffnung könne jedoch der christliche Glaube geben. Dieser Glaube könne „in Zeiten der Krise neu belebt werden und zu einer Quelle der Hoffnung werden“. Der Abschlussgottesdienst wurde überwiegend in verschiedenen slawischen Sprachen gefeiert.
Die Christlichen Begegnungstage 2024 hätten „eindrucksvoll gezeigt, dass der Glaube und die Gemeinschaft über nationale und konfessionelle Grenzen hinweg verbinden können“, heißt es in einer Abschlusserklärung der Veranstalter. Unter dem Motto „Nichts kann uns trennen“ seien sie „ein starkes Zeichen für ein geeintes und solidarisches Europa, das seine Werte lebt und teilt“.
Die Christlichen Begegnungstage wurden erstmals 1991 in Görlitz auf Einladung der damaligen Evangelischen Kirche der schlesischen Oberlausitz an die Partnerkirchen in Polen und der Tschechoslowakei ausgerichtet. Sie finden seitdem in der Regel alle drei bis vier Jahre als internationaler Kirchentag statt. Im Lauf der Zeit haben sich die Begegnungstage nach Angaben der Veranstalter zu einem Christentreffen der evangelischen Kirchen aus ganz Mittel- und Osteuropa entwickelt. Die nächsten CBT sind bereits in Planung. Sie finden 2027 in Prag statt.