Leuthold: Gesellschaft reichhaltiger, wenn divers und nicht homogen
Ö1-„Lebenskunst“ über christlich-jüdische Zusammenarbeit
Ö1-„Lebenskunst“ über christlich-jüdische Zusammenarbeit
Wien (epdÖ) – Der fast 65-jährigen Geschichte des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit und seinen Aufgaben in Gegenwart und Zukunft hat sich Ö1 in einem Beitrag für die Religionssendung „Lebenskunst“ (Sonntag, 26. April) gewidmet. Ausgangspunkt ist dabei die Grundlegung des Koordinierungsausschusses durch Kurt Schubert, später Gründer des Instituts für Judaistik an der Universität Wien, im Jahre 1956: „Kurt Schubert hat mit anderen christlichen Persönlichkeiten ein Verhältnis zu jüdischen Persönlichkeiten schaffen können, das glaubwürdig war, vertrauensvoll und eigentlich so etwas wie ein Wunder, so wenige Jahre nach der Shoa“, sagt Martin Jäggle, heute Präsident des Koordinierungsausschusses. Schubert habe sich damit einer Dynamik christlich-jüdischer Annäherung angeschlossen, die zu dem Zeitpunkt in Deutschland schon im Gange war.
Das Selbstverständnis christlicher Theologie in der Reflexion auf die Beziehung zum Judentum fasst die evangelische Pfarrerin Margit Leuthold zusammen: „Das Judentum ist die Grundlage für das Christentum, und wenn wir Christinnen und Christen immer wieder neu den eigenen Glauben reflektieren, dann ist es wichtig, sich um die eigenen Wurzeln zu kümmern und anzufragen, welche Interpretationen aus den vergangenen 2000 Jahren diese Wurzeln weggekappt haben. Das ist eine große Infragestellung der eigenen Traditionen.“ An der Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus sei auch in Zukunft zu arbeiten, so die Vizepräsidentin des Ausschusses. Dabei sei zu fragen, wie dazu beigetragen werden könne, „dass Gesellschaft eine reichhaltigere Gesellschaft ist, wenn sie nicht homogen, sondern divers ist, auch in ihren Glaubensformen“.
Willy Weisz, jüdischer Vizepräsident des Koordinierungsausschusses, erklärt, dass dessen Arbeit noch immer nicht in allen jüdischen Gruppierungen als etwas Positives wahrgenommen werde. Dazu sei die Geschichte noch zu präsent. In Zukunft müsse es darum gehen, sich damit auseinanderzusetzen, wie man auch junge Menschen erreichen könne. Der heutigen Generation sei zwar kein Vorwurf daraus zu machen, was ihre Großeltern oder Urgroßeltern getan hätten. Dennoch: „Es ist wichtig, dass auch die jüngere Generation akzeptiert, dass auch ihre Vorfahren eventuell böse gehandelt haben.“
Den Beitrag zum Nachhören finden Sie hier: religion.orf.at