Kritik an Praxis der „Glaubensprüfungen“ im Asylverfahren

 
von Evangelischer Pressedienst

Krömer: Fragen könnten oft nur Theologiestudierende bei Abschlussprüfungen beantworten

Wien (epdÖ) – Die Praxis der sogenannten „Glaubensprüfungen“ von Asylwerbern, die zum Christentum konvertiert sind, hat der evangelische Syndodenpräsident Peter Krömer heftig kritisiert. Krömer äußerte sich im Rahmen einer Tagung, die am Samstag, 11. Juni, am Juridicum in Wien stattfand. Unter dem Titel „Den Glauben glaubhaft machen. Religiöse Konversion im Asylverfahren“ beleuchtete die Tagung u.a. Fragen des Glaubensbekenntnisses im Asylverfahren und rechtliche Grundsatzfragen etwa zu Glaubwürdigkeitsprüfungen eines religiösen Bekenntnisses durch staatliche Behörden oder Richter.

So komme es öfters vor, dass im Verwaltungsverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aber auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht evangelische Asylwerber Fragen gestellt bekommen, die eigentlich nur die Römisch-katholische Kirche betreffen (zum Beispiel betreffend Marienfeiertage), berichtete Krömer. Fragestellungen erfolgten mit der Terminologie der Römisch-katholischen Kirche („Messe“, „heilige Kommunion“), viele Fragen könnten darüber hinaus „nur Theologiestudierende bei akademischen Abschlussprüfungen“ beantworten, so der Synodenpräsident, der als Rechtsanwalt in St. Pölten tätig ist. Krömer verwies auf Fälle, in denen evangelische Asylwerber Fragen zum evangelischen Glauben richtig beantworteten, das allerdings dann im Verfahren als falsch bewertet wurde, wobei diesbezüglich auf die katholische Lehre hingewiesen wurde. Außerdem seien, so Krömer, in vielen Fällen laut der vom Verwaltungsgerichtshof vorgegebenen Richtlinie bei Fragen des Glaubens auch das Bildungsniveau und etwa traumatische Ereignisse bei der Flucht zu berücksichtigen.

Ein weiteres Problemfeld ortet Krömer bei den Übersetzungen. Fallweise ergeben sich Schwierigkeiten mit Dolmetschern, weil diese „fromme Angehörige einer islamischen Glaubensrichtung sind und daher eigentlich befangen wären“, oder aber Dolmetscher mit dem entsprechenden Dialekt des Asylbewerbers und den theologischen Begriffen nicht vertraut sind.

In manchen Entscheidungen würden, so Krömer, Pfarrerinnen und Pfarrern der Evangelischen Kirche nach Durchführung eines einjährigen Taufunterrichtes Vorwürfe gemacht, dass sie das Sakrament der Taufe an einem Asylwerber vollzogen haben, „sohin missbräuchlich das Sakrament der Taufe spendeten“. Dies jedoch würde bedeuten, dass der bzw. die Pfarrer*in nach Durchführung eines entsprechenden Disziplinarverfahrens das Amt mittels Disziplinarstrafe verlieren müsste. Davon könne jedoch nach innerkirchliche Überprüfung „überhaupt keine Rede sein“, bekräftigte der Synodenpräsident.

Bei der Tagung, zu der das Institut für Kirchenrecht und Religionsrecht der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien geladen hatte, berichteten auch Vertreter*innen der Römisch-katholischen Kirche sowie der Freikirchen von befremdenden Vorkommnissen bei „Glaubensprüfungen“. „Natürlich“, so Krömer, müsse auch „klargestellt werden, dass hier nur negative Fälle in den Blick kommen, nicht die positiv ausgegangenen Asylverfahren“.
Der Wiener Kirchen- und Religionsrechtler Andreas Kowatsch forderte bei der Tagung eine stärkere Einbindung der Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie ein größeres Gewicht bei der Beurteilung von Konversionen bzw. dem Faktor Religion von Verfolgungsprognosen im Asylverfahren. Die Praxis einer Befragung von Asylwerbern in Form von religionsspezifischen Wissenstests sei „religionspsychologisch fragwürdig und Ausdruck einer systemimmanenten Hilflosigkeit“, befand Kowatsch und erklärte: „Das Dilemma, dass der Staat bei der Ernsthaftigkeitsprüfung immer hart am Rand des Verstoßes gegen seine weltanschaulich-religiöse Neutralität fährt, könnte entschärft werden, wenn den Aussagen der religionsrechtlichen Kooperationspartner ein größeres Gewicht beigemessen wird.“

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