Koch: „Absolut unmöglich“, dass Kinder abgeschoben werden
Superintendent äußert in APA-Interview Sorge vor Massenarbeitslosigkeit
Eisenstadt (APA/epdÖ) – Der burgenländische evangelisch-lutherische Superintendent Manfred Koch ortet in der gesamten Flüchtlingsproblematik eine „katastrophale Situation“. Dass Kinder abgeschoben werden, sei „absolut unmöglich“. Auch fordert er im Gespräch mit der APA die Aufnahme von Kindern aus desolaten Flüchtlingslagern auf griechischen Inseln. Koch tritt im August in den Ruhestand, am 6. März wird ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gewählt.
„Wenn Kinder, die hier zur Welt gekommen und aufgewachsen sind, hier ihre Sozialkontakte haben und gut integriert sind in der Schule, dann sehe ich keinen Grund und Anlass, diese abzuschieben“, betont Koch. Er plädiert hingegen für einen Ausbau des humanitären Bleiberechts, auch könnten Kinder bei der Geburt die Staatsbürgerschaft erhalten. „Ich bin nicht dafür, dass alle ungeschaut hier bleiben können. Aber wenn, dann müsste man andere Wege finden, das (Asylverfahren, Anm.) viel rascher zu erledigen.“ Er verstehe nicht, dass Österreich Kinder aus zerstörten Flüchtlingsunterkünften auf griechischen Inseln nicht aufnehme. Ein Quartier für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Rechnitz habe man aufgelassen. „Auf der anderen Seite müssen Minderjährige in Kälte und Schlamm leben. Das sind Dinge, wo ich die Unmenschlichkeit, die bei uns herrscht, nicht mehr verstehe.“
Islamgesetz „würgt viele positive Bewegungen ab“
Angesprochen auf die von der Bundesregierung geplanten Neuerungen beim Islamgesetz im Zuge des Anti-Terror-Pakets, meinte Koch: „Ich verstehe auf der einen Seite die Regierung, die alles mögliche machen möchte, um Attentate zu verhindern. Aber mit solchen Anlassgesetzen werden viele positive Bewegungen abgewürgt.“ Von den in Österreich lebenden Musliminnen und Muslimen sei nur ein „verschwindend kleiner Bruchteil radikal“. Diese würden alles zerstören. Er forderte, dass mit den Verantwortungsträgern in ruhigen Gesprächen Lösungen gefunden werden.
In der Frage des vom Verfassungsgerichtshof gekippten Verbots der Suizidassistenz spricht sich Koch gegen medizinische Sterbehilfe, aber für seelsorgerliche und psychologische Begleitung aus. Aus seiner Erfahrung als Pfarrer und Seelsorger wisse er, dass es bei Schwerkranken Phasen mit Todessehnsucht gebe. Sei das Tief überwunden, komme aber neuer Lebenswille. Daher solle auch die öffentliche Hand die seelsorgerliche und psychologische Sterbebegleitung ausbauen.
„Gesunde Mischung“ aus Videokonferenz und Präsenz
Durch die Coronakrise rechnet Koch mit steigender Arbeitslosigkeit und Armut: „Es sind materielle und seelische Nöte, die auf die Menschen noch zukommen. Da muss die Kirche flexibel sein, um diesen Menschen begegnen zu können.“ Man habe im Burgenland „sehr agile“ Pfarrerinnen und Pfarrer. So seien etwa bereits vor der Corona-Pandemie Gottesdienste aus Oberwart übertragen worden. Auch Videokonferenzen hätten einen weiteren positiven Aspekt, nämlich dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht weit anreisen müssten. Nach der Krise sollte daher eine „gesunde Mischung“ aus Präsenz und Videokonferenzen beibehalten werden, schlägt Koch vor.
Ein ausführliches Interview mit Manfred Koch lesen Sie auch in der Februar-Ausgabe der SAAT.