Kirchen um vertieften Dialog mit Judentum bemüht
Gottesdienst des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich zum „Tag des Judentums“
Wien (epdÖ) – Mit einem ökumenischen Gottesdienst in der griechisch-orthodoxen Dreifaltigkeitskathedrale in Wien haben die Kirchen in Österreich am Montagabend den „Tag des Judentums“ begangen. Dabei hoben die Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen die im Judentum liegenden Wurzeln des Christentums hervor und bekannten zugleich das Unrecht, das Jüdinnen und Juden auch von christlicher Seite im Laufe der Geschichte angetan wurde. Der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios Kardamakis, Hausherr in der Dreifaltigkeitskathedrale, wies eingangs auf das Verbindende zwischen Christen und Juden hin. Und er unterstrich die Verpflichtung, sich für alle Menschen oder gar Völker einzusetzen, die wegen ihres Glaubens verfolgt werden.
Der katholische Wiener Weihbischof Franz Scharl rief zu einem mehrfachen „Miteinander“ auf. So gelte es für Christen und Juden, miteinander auf Gottes Stimme zu hören, miteinander zu reden und miteinander, aber auch voneinander zu lernen. Scharl wies antisemitische Tendenzen in der Gesellschaft wie etwa die Instrumentalisierung des Davidsterns durch demonstrierende Impfgegner scharf zurück.
Neben Kardamakis und Scharl wirkten an dem Gottesdienst die lutherische Oberkirchenrätin Ingrid Bachler, die methodistische Pastorin Esther Handschin, der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld, der altkatholische Bischof Heinz Lederleitner, der serbisch-orthodoxe Priester Filip Milunovic und der anglikanische Bischofsvikar Patrick Curran mit. An der Gestaltung beteiligt waren auch der Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Martin Jäggle, der Generalsekretär des Koordinierungsausschusses, Yuval Katz-Wilfing, sowie die Publizistin Ruth Steiner. Einladende waren der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) und der Koordinierungsausschuss.
Herausforderung und Bereicherung
Die Predigt hielt der anglikanische Bischofsvikar Curran. Er unterstrich einmal mehr, „dass der christliche Glauben aus dem jüdischen Glauben hervorgeht und nur gut verstanden werden kann durch eine Beschäftigung mit dem Alten Testament, mit dem Ersten Testament, mit der hebräischen Bibel, die uns mit in die Wiege gelegt wird“. Er plädierte für ein gemeinsames Beschäftigen – Curran sprach von einem „vitalen Miteinander“ – von Christen und Juden mit der Bibel. Diese Auseinandersetzung sei herausfordernd und bereichernd zugleich.
Der anglikanische Geistliche verwies zudem auf die Charta Oecumenica, in der betont wird, dass die Christen „eine einzigartige Gemeinschaft“ mit dem Volk Israel verbinde, „mit dem Gott einen ewigen Bund geschlossen hat“. Weiters werde in dem Dokument, das 2001 von der Konferenz Europäischer Kirchen und dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen beschlossen wurde, die Schuld am christlichen Antijudaismus bekannt und „Gott um Vergebung und unsere Geschwister um Versöhnung“ gebeten. Und weiter heißt es wörtlich: „Wir verpflichten uns allen Formen von Antisemitismus und Antijudaismus in Kirche und Gesellschaft entgegenzutreten; auf allen Ebenen den Dialog mit unseren jüdischen Geschwistern zu suchen und zu intensivieren.“ Es sei notwendig, sich immer wieder solche Grundaussagen, wie sie in der Charta Oecumenica festgehalten werden, in Erinnerung zu rufen, mahnte Curran in seiner Predigt und bekräftigte: „Es gibt viel zu tun.“
Gebet um Frieden im Heiligen Land
Das Motto des Gottesdienstes lautete „Gnädig und barmherzig ist der Herr, geduldig und von großer Güte“ und war einem alttestamentlichen Psalm entnommen. Gebetet wurde auch für den Frieden im Heiligen Land und Versöhnung zwischen Juden, Christen und Muslimen. Für die musikalische Umrahmung sorgte ein Chor der griechisch-orthodoxen Metropolis. Der Gottesdienst wurde live von Radio Maria übertragen.
Die Kirchen in Österreich feiern seit gut 20 Jahren, jeweils am 17. Jänner, den „Tag des Judentums“. Das Christentum ist von seinem Selbstverständnis her wesentlich mit dem Judentum verbunden. Damit dies den Christinnen und Christen immer deutlicher bewusst wird, hat der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) im Jahr 2000 den 17. Jänner als besonderen Gedenktag im Kirchenjahr eingeführt.
Das Datum dafür wurde bewusst gewählt: So sollen die Kirchen den Geist dieses Tages in die anschließende weltweite „Gebetswoche für die Einheit der Christen“ (18. bis 25. Jänner) weitertragen; denn bei allen Trennungen der Christenheit untereinander ist allen Kirchen gemeinsam, dass sie im Judentum verwurzelt sind. (Infos: www.oekumene.at )