Gut, dass wir einander haben
Ökumenischer Gottesdienst und österreichweite Fachtagung der „ARGE Ökumene“ in Wien
„Kannst du dich erinnern, wie wir gestritten haben? Jeder von uns hat versucht, den eigenen Glauben, die eigene Kirche zu verteidigen, aber erklären und begründen konnten wir, zum Beispiel über unsere Tradition Gottesdienst zu feiern, nichts“, sagt Eva-Susanne Glaser, sie ist evangelisch und steht im Altarraum des Stephansdom. Neben ihr steht ihr Mann Heinz Glaser, der katholisch ist und antwortet: „Was haben wir also gemacht? Wir haben miteinander und voneinander gelernt, erst über die eigene, dann über die jeweils andere Kirche.“
Dies Zeugnis gelebter Ökumene gab das Ehepaar im ökumenischen Gottesdienst am Freitag, 17. Oktober, ab, den der evangelisch-lutherische Superintendent Hansjörg Lein und der römisch-katholische Weihbischof Franz Scharl gestalteten. Vor den rund 80 Besuchern legten auch Lein und Scharl Zeugnisse funktionierender Ökumene ab. „Jesus ist die entscheidende Person“, sind sich beide einig. Der Gottesdienst war der Auftakt zur österreichweiten Fachtagung der „ARGE Ökumene“, die am 18. und 19. Oktober im Kardinal König Haus stattfand.
„Gut, dass wir einander haben“, dies harmonische Zeichen setzte der Gottesdienst am Freitagabend, in dessen Mittelpunkt die Taufe stand. Erinnert wurde mit einer weißen Stola für jeden Gast und durch die gegenseitige Bekreuzigung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den Worten „Du bist getauft im Namen Jesus Christus.“
Auf der tags darauf anschließenden Fachtagung wurde neben der Einheit und Ganzheit auch die Vielfalt bedacht: Zum Thema „Differenz und Diversität als Gabe und Aufgabe“ diskutierten die 53 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Österreich mit Assoz.-Prof. MMag. Dr. Regina Polak von der Katholisch-Theologischen Fakultät Wien und mit Univ.-Prof. Dr. Ulrich H.J. Körtner von der Evangelischen-Theologischen Fakultät Wien.
Differenz sei das Erkennen von Unterschieden, begann Polak mit einer Begriffsbestimmung. „Für Diversität ist Differenz der Ausgangspunkt. Es ist normal, dass es Unterschiede gibt. Diese müssen weder eine Störung, noch eine Bereicherung sein.“ Anhand der biblischen Geschichte des Turmbaus zu Babel führte sie an, dass eine Einheit des Menschen nicht über Projekte, sondern nur über Kommunikation möglich sei. Sie schloss mit spirituellen Zitaten, die beschrieben, wie schmerzlich Unterschiede sein können. Aber das durch Unterschiede der eine auf den anderen angewiesen sei – das sei das Heilsame.
Differenz sei für ihn eine Beschreibungskategorie, begann Körtner sein Impuls-Statement. Unterschiede zu machen diene dazu, etwas zu erkennen. „Am Anfang war die Unterscheidung. In der Schöpfungsgeschichte trifft Gott Unterscheidungen: Licht – Finsternis, Wasser – Erde.“ Auch christologisch würden Unterschiede gemacht, um etwas zu beschreiben, so in der Trinitätslehre. Gott als Vater, als Sohn, als Heiliger Geist. „Das ist ein Beziehungsgeschehen. Der Vater ist nicht gegen den Sohn und nicht gegen den Heiligen Geist austauschbar. Es ist eine unaufhebbare Diversität, die als Einhalt gilt. Eine Einheit durch Beziehung.“ Beziehung schaffe also Einheit, aber immer aus unterschiedlichen Dingen, so Körtner.
Um eine „Einheit durch Kommunikation“ (Polak) beziehungsweise „Einheit durch Beziehung“ (Körtner) zu gestalten, dafür will sich die ARGE Ökumene weiter stark machen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer tauschten auf der Tagung Berichte aus den Bundesländern aus und planten gemeinsam das Jahr 2015. Ihr Ziel ist klar: Sie wollen weiterhin Motor der Ökumene in Österreich sein.
Weitere Infos: www.arge-oekumene.at
Text und Fotos: Martina Schomaker