Europäische Toleranzgespräche 2022 befassten sich mit dem Wandel

 
von Evangelischer Pressedienst

Superintendent Sauer: Wandelbar und hoffnungsfroh bleiben

Fresach/Villach (epdÖ) – „Wie kommt das Neue ins System?“ Diese Frage stand im Mittelpunkt der diesjährigen Europäischen Toleranzgespräche, die vom 1. bis 4. Juni im Kärntner Bergdorf Fresach abgehalten wurden.

In seiner Begrüßung zum „Europaforum Fresach“ am Donnerstag, 2. Juni, zitierte der Kärntner Superintendent Manfred Sauer die kroatische Dichterin Marica Bodrožić: „Der Wandel, die Veränderung, sind die treibenden Kräfte des Lebens.“ In ihrem Buch „Die Arbeit der Vögel“ beschreibt Bodrožić die Welt als großen Tanzsaal: Die einen tanzen festlich gekleidet mit, die anderen sind nur Zaungäste. „Trotzdem sind wir alle verbunden und tanzen mit“, so Sauer. „Wer gibt den Takt vor? Wo gilt es wachsam zu sein, wo braucht es Widerstand, Courage und Mut zur Veränderung?“ Diesen Fragen wolle man sich in diesen Tagen stellen, „auf dass wir wandelbar und hoffnungsfroh bleiben!“

„Wir dürfen den Krieg in Europa nicht tolerieren!“, meinte in seinem Grußwort Hannes Swoboda zur Frage, was Toleranz in Zeiten des Krieges bedeute. Freilich verspürten viele Menschen im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg Hass. Aber, so der ehemalige Europapolitiker und Präsident des hinter den Toleranzgesprächen stehenden „Denk.Raum.Fresach“, auch dieser dürfe nicht toleriert werden: „Hass ist niemals eine Basis für eine neue Welt!“

Schriftsteller Robert Menasse hielt die Eröffnungsrede zu den diesjährigen Toleranzgesprächen. Foto: © Fotodienst/Mike Kampitsch

Schriftsteller Menasse: Die EU entwickelt sich fort

Unter dem Titel „Erschöpft, zerstritten, überfordert? Wie Europa neu entstehen kann“ stand die Eröffnungsrede von Robert Menasse. Der Romancier und Essayist präsentierte eine optimistische wie auch pessimistische Sichtweise auf die Europäische Union. Grundlage seiner Gedanken war ein- und derselbe Satz: „Die EU entwickelt sich fort.“ Fortentwicklung einerseits im Sinne von Weiterentwicklung, andererseits im Sinne von einer Weg-Entwicklung der ursprünglichen Intention eines geeinten Europa. Das optimistische Fazit Menasses: das Europäische Einigungsprojekt habe sich in Krisen weiterentwickelt. Das pessimistische: der nationalistische Rückfall sei in den letzten Jahren wieder stärker geworden.

Sieglinde Rosenberger bei der Verleihung des Toleranzpreis für Demokratie und Menschenrechte in Fresach. Foto: © Fotodienst/Mike Kampitsch

Toleranzpreis 2022 an Politologin Sieglinde Rosenberger

Donnerstagabend wurde die Wiener Politikwissenschafterin und Integrationsforscherin Sieglinde Rosenberger mit dem Europäischen Toleranzpreis für Demokratie und Menschenrechte der Stadt Villach ausgezeichnet. Rosenberger habe Generationen von Studierenden für politische Partizipation, Diversität und Inklusion sensibilisiert, so die Begründung der Jury. Die gebürtige Oberösterreicherin forscht und lehrt an der Universität Wien zu österreichischer und europäischer Demokratiepolitik mit Schwerpunkt Migration und Integration. Außerdem ist sie Sprecherin des Forschungszentrums „Religion and Transformation“ und seit 2018 Mitglied im Sachverständigenrat für Integration und Migration in Berlin.

Dichtes Programm mit hochkarätigen Referent*innen

Im Rahmen des viertägigen Diskussionsforums sprachen über 30 Wissenschafter*innen, Philosoph*innen und Denker*innen über notwendige Veränderungen. In 15 Diskussions-Panels wurden die wichtigsten Aspekte des Wandels in Europa behandelt. Bereits am Mittwoch wurde im Rahmen des „Tourismusforum Villach“ in der Fachhochschule Kärnten der Klima-, System- und Generationenwandel der Reisebranche thematisiert. Am Freitag widmete sich das „Wirtschaftsforum Fresach“ dem Thema Wandel. Ein Toleranzfrühstück am Samstagvormittag rundete die diesjährige Veranstaltung ab.

Die Europäischen Toleranzgespräche finden seit 2015 alljährlich rund um das Pfingstfest statt und behandeln gesellschaftliche Entwicklungen und politische Bildung rund um Fragen der sozialen Integration, Demokratie und Menschenrechte sowie Zivilgesellschaft und Religion. Obmann des „Denk.Raum.Fresach“ ist der Kärntner Superintendent Manfred Sauer.

Weitere Informationen: www.fresach.org

Alle Programmpunkte wurden auch online über Facebook und
YouTube übertragen und können dort nachgeschaut werden.

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