Ein letztes Mal
Michael Chalupka über das Leben einer Gemeinde in Charkiw
Pavlo zeigt uns ein Bild seiner Gemeinde in Charkiw. Viele Kinder sind zu sehen, junge Familien, der Chor und der Seniorenkreis. Eine evangelische Gemeinde, wie es sie überall auf der Welt gibt. „Das war vor dem Überfall durch die russische Armee, heute ist die Gemeinde, die sich regelmäßig trifft, viel kleiner. Viele Frauen sind mit ihren Kindern geflohen, die Männer sind an der Front.“
Pavlo Shvarts ist Bischof der kleinen lutherischen Kirche in der Ukraine. Letzte Woche war er in Wien, um vom Leben im Krieg in seiner Stadt, die kaum kleiner als Wien ist, zu erzählen. Täglich heulen die Sirenen, Kinder werden in den Metro-Schächten unterrichtet. Doch seine Gemeinde lebt.
„Dank der Gnade Gottes ist die Gemeinschaft auch recht aktiv. Unter der Woche veranstalten wir Kurse mit Kindern und Treffen für Senioren. Darüber hinaus führt der Chor Proben durch, und die Diakoninnen geben Kindern Mathematik- und Musikunterricht. Natürlich gibt es auch viele diakonische Projekte wie zum Beispiel Hilfe bei Medikamenten, Essensgutscheinen und technische Ausrüstung bei Stromausfällen.“
Auf die Frage, wie sich sein geistliches Leben verändert habe in Zeiten des Krieges, meinte er: „Nach jeder Begegnung, nach jedem Gespräch, nach jedem Gottesdienst, verabschieden wir uns in dem Wissen, dass wir uns vielleicht das letzte Mal sehen.“ Und dann kam noch ein Nachsatz: „Aber ist das nicht immer so im Leben?“
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