Diakonie-Asylexperte: Begriff „Remigration“ vergiftet Gesellschaft
Christoph Riedl in Ö1-Interview: Kritik an rechter Kampfrhetorik und „gefährlichem Gedankenspiel“
Wien (epdÖ) – Der Diakonie-Asylexperte Christoph Riedl sieht in etwaigen „Remigrations“-Plänen ein „gefährliches Gedankenspiel“. Zudem seien sie auch rechtlich nicht umsetzbar: „Menschen, die in einem Land stark verwurzelt sind, die kann man nicht einfach abschieben, das verhindert dann die Europäische Menschenrechtskonvention“, erklärte Riedl in der Ö1-Sendung „Religion aktuell“ am 11. Jänner.
Bei der Staatsbürgerschaft sei das „völlig unmöglich“. Riedl forderte, sich von der „Remigrations“-Idee, die er als „Kampfbegriff der rechtsextremen Szene“ bezeichnete, klar zu distanzieren und diese nicht in den Sprachgebrauch einfließen zu lassen, da diese das gesellschaftliche Zusammenleben vergiften würde. Um eine österreichische Staatsbürgerschaft zu bekommen, müsse man die vorherige aufgeben, gab Riedl auch zu bedenken: „Das heißt, ein Entzug der Staatsbürgerschaft würde dann dazu führen, dass die Person staatenlos ist.“ Kein Staat dürfe jedoch einen Menschen in die Staatenlosigkeit entlassen, so der Asyl- und Menschenrechtsexperte der Diakonie.
Hintergrund der Äußerungen ist u.a. ein ORF-ZIB 2-Interview von FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl am 10. Jänner. Darin erklärte Kickl, „eine Rechtslage herstellen“ zu wollen, um österreichischen Staatsbürgern mit Migrationshintergrund die Staatsbürgerschaft wieder zu entziehen, wenn Personen sich „gesellschaftsfeindlich“ verhielten.
Das deutsche Recherchenetzwerk „Correctiv“ hatte zuvor Details von einem geheimen Treffen von Rechtsextremen im November in Potsdam u.a. mit hochrangigen Mitgliedern der „Alternative für Deutschland“ (AfD) veröffentlicht. Unter den Teilnehmern waren auch CDU-Mitglieder, Burschenschafter, Juristen, Politiker, Unternehmer und Ärzte. Aus Österreich haben an dem rechtsextremen Treffen der langjährige frühere Chef der „Identitären Bewegung“ (IB) Martin Sellner sowie ein Kärntner Arzt teilgenommen.
Bei dem Treffen sollen die Teilnehmer nach Angaben von Correctiv diskutiert haben, wie sie im Falle der Regierungsbeteiligung der AfD eine Strategie für die Umsiedlung von Millionen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte gemeinsam in die Tat umsetzen wollen. Etwa Menschen – auch „nicht assimilierte Staatsbürger“ – außer Landes zu bringen, war einer der Vorschläge. Umgesetzt werden solle diese „Remigration“ auch mithilfe eines „Musterstaates“ in Nordafrika, in dem nach Ansicht der Teilnehmer bis zu zwei Millionen Menschen leben könnten.
Der Begriff „Remigration“ bezeichnet zwar an sich die freiwillige Rückkehr einzelner Migrantinnen und Migranten in ihre Herkunftsländer. Auch in der Exilforschung wird er beispielsweise zur Bezeichnung der Heimkehr jüdischer Vertriebener nach 1945 in die NS-Täterstaaten Deutschland und Österreich verwendet. Unter den neuen Rechten in Europa meint das Remigrationskonzept allerdings die Abschiebung von Migrantinnen und Migranten in ihre Herkunftsländer bis hin zu Massendeportationen.