Dankbarkeit
Michael Chalupka über eine wundersame Weise, die Welt zu sehen
Der Abschied fällt nicht schwer. Es war kein leichtes Jahr. Die medialen Jahresrückblicke bieten vor allem Unerfreuliches, Bedrohliches und Trauriges an. Wie aber schauen jede und jeder Einzelne unter uns auf dieses Jahr zurück? Auf die vergangene Zeit können wir aus verschiedenen Blickwinkeln zurückschauen: mit Stolz auf das Erreichte, im Zorn über die Zumutungen, mit einer gewissen Resignation über das, was uns nicht gelang, oder mit Freude, es endlich hinter uns zu lassen.
Der evangelische Theologe und Märtyrer im Nationalsozialismus Dietrich Bonhoeffer schrieb während seiner Haft: „In der Dankbarkeit gewinne ich das rechte Verhältnis zu meiner Vergangenheit. In ihr wird das Vergangene fruchtbar für die Gegenwart.“
Die Haltung der Dankbarkeit bietet mehr als nur einen Rückblick. „Dankbar auf die eigene Vergangenheit zurückzuschauen, gibt uns einerseits die Möglichkeit, das Vergangene wert zu schätzen, ohne es glorifizieren zu müssen, und es zum anderen in die Hände dessen zurückzulegen, der uns das Erlebte geschenkt hat“, so Bonhoeffer.
Außerdem bringt der Dank auch die anderen, die mit einem durch das Jahr gegangen sind, in den Blick. „Auch was man anderen verdankt, gehört eben zu einem und ist ein Stück des eigenen Lebens.“
Dankbarkeit ist eine wundersame Weise, die Welt zu sehen. Sie schenkt der Welt, wie immer sie geworden ist, neue Möglichkeiten sie zu gestalten.