Chalupka: „Wichtig, Zusammenhalt zwischen Religionen zu benennen“

 
von Evangelischer Pressedienst

Funktionierender interreligiöser Dialog mit langer Tradition

Wien (epdÖ) – Einen Angriff auf den liberalen Rechtsstaat sieht der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka in dem Terroranschlag mit mehreren Toten am Abend des Montag, 2. November, in Wien. Das Ziel von Terroristen sei, westliche Gesellschaften zu spalten und Gruppen gegeneinander aufzuhetzen, sagte Chalupka im Gespräch mit dem bayerischen Evangelischen Pressedienst. „Deshalb ist es so wichtig, den Zusammenhalt, den es in Österreich gibt, gesellschaftlich und zwischen den Religionen, zu benennen.“

Chalupka verwies auf die besondere Stellung des Islam in Österreich, der bereits seit 1912 per Gesetz eine anerkannte Religionsgemeinschaft ist. Der interreligiöse Dialog habe eine lange Tradition und funktioniere sehr gut. Als Beispiel nannte der evangelische Bischof, dass erst wenige Tage vor dem Terroranschlag bislang unbekannte Jugendliche in einer römisch-katholischen Kirche randaliert hatten: „Muslimische Jugendliche haben als Reaktion darauf eine Menschenkette um das Gotteshaus gebildet, um es zu beschützen als wäre es ihr eigenes.“ Dies sei ein Zeichen dafür, wie die Religionen in Österreich aufeinander achteten.

Chalupka forderte in diesem Zusammenhang auch die Medien auf, sensibel mit dem Thema umzugehen. Es sei wichtig, dass man die von den Terroristen mit ihrer Tat eingeplante „Aufmerksamkeit und das angestrebte Heldentum“ nicht unterstütze. Das Ziel der Terroristen sei gerade, möglichst viele Videos von ihrer Tat im Netz wiederzufinden, möglichst oft namentlich in den Medien genannt zu werden. Dieser Versuchung sollten alle widerstehen, um so „die Pläne der Terroristen zu durchkreuzen“. Es gehe vielmehr darum, „auf die Opfer zu blicken und Mitgefühl auszudrücken“.

Dass sich Muslime erst durch das umstrittene österreichische Islamgesetz von 2015 radikalisiert hätten, glaubt Chalupka nicht. „Das muss man trennen“, sagte er dem epd. Die Kritik am Gesetz habe sich damals darauf begründet, dass sich die österreichischen Muslime zu wenig in den Gesetzgebungsprozess eingebunden gefühlt haben. Der islamistische Terrorismus sei ein weltweites Problem, das mit nationaler Gesetzgebung nichts zu tun habe. „Für die Radikalisierung einzelner kann man kein Gesetz verantwortlich machen. Die Verantwortung ist bei den Tätern zu suchen und sonst bei niemandem“, sagte er.

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