"Campus der Religionen": Schulterschluss gegen Antisemitismus

Jüdische Fahne wurde neu gehisst

 
von Martina Schomaker
Die jüdische Fahne wurde neu gehisst.
Die jüdische Fahne wurde neu gehisst.

Scharf verurteilt haben Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaften die antisemitischen Schmierereien auf der jüdischen Fahne von Ende Juli im neu entstehenden "Campus der Religionen" in der Wiener Seestadt Aspern. Beim erneuten Hissen einer neuen jüdischen Fahne am Dienstagvormittag, 18. August,  waren u.a. Superintendentialkuratorin Inge Troch der Evangelischen Diözese A.B. Wien und Raimund Fastenbauer von der Israelitischen Kultusgemeinde anwesend, auch der Wiener Vizebürgermeister Michael Ludwig nahm an der Zeremonie im größten Stadterweiterungsgebiet teil. Man wolle gemeinsam auftreten und mit einer Stimme sprechen, wenn eine Religion durch einen solchen Vandalenakt angegriffen werde, hieß es von Seiten aller Religionsgemeinschaften.

Es sei ein gutes und wichtiges Zeichen, dass die Israelitische Kultusgemeinde nach solchen provokanten Vorfällen nicht allein gelassen wird, betonte Fastenbauer. Auch er lobte die große Solidarität zwischen den Religionen. Grundsätzlich zeige sich der Antisemitismus weiterhin viel zu häufig, "manche scheinen aus der Schoa noch immer nichts gelernt zu haben", so Fastenbauer.

"Wie können wir auch Menschen, die Ängste vor anderen Kulturen oder Religionen haben, mitnehmen auf den Weg des Friedens?“, fragte Wiens Superintendentialkuratorin Inge Troch und meinte: "Wir können dies nicht einzeln sondern gemeinsam tun und laden  gemeinsam auf diesem Campus Menschen ein, einander kennen und schätzen zu lernen und miteinander neue Wege zu gehen. Denn gemeinsam wollen wir diesen Weg des Friedens weitergehen, den Weg zu mehr Verständnis und Verständigung in Wien."

 "Wir sind sehr stolz, dass Wien eine Stadt des Friedens ist. Die Religionsgemeinschaften leisten dazu einen wichtigen Beitrag", betonte Vizebürgermeister Ludwig. Es sei wichtig, gemeinsam Kräften entgegenzutreten, die diesen Frieden infrage stellten. Die Schändung der Fahne mit dem Davidstern auf weißem Untergrund habe ihn außerordentlich betroffen gemacht, weil sie nicht nur einen Angriff auf eine einzelne Gruppe darstelle, sondern auch das friedliche Zusammenleben einer ganzen Stadt gefährde. Deswegen setze man alles daran, die Täter auszuforschen, auch wenn es bislang noch keine konkrete Spur gebe, so Ludwig.

Bischofsvikar Schutzki zeigte sich "sehr nachdenklich", dass eine solche Aktion im toleranten Wien überhaupt passieren kann. Es erfülle ihn aber auch mit einem gewissen Stolz, dass die Religionsgemeinschaften in einer solch dunklen Stunde zusammenstehen und ge-meinsam die Stimme erheben würden. "Es ist nicht selbstverständlich, dass man sich so kur-zfristig zusammenfindet und zeigt, dass der interreligiöse Zusammenhalt in Wien besonders groß ist", betonte Schutzki.

Absagen an jede Form von Antisemitismus erteilte auch der Präsident der Buddhistischen Religionsgesellschaft, Gerhard Weißgrab, ebenso ein Vertreter der Islamischen Glaubensgemeinschaft, der bei der Zeremonie anwesend.

Nachhall fanden die treffenden Schlusssätze von Inge Troch: "Ich möchte mit einem irischen Segens- und Friedenswunsch schließen: Friede möge diesen Platz umgeben wie ein kostbarer Ring, er möge ihn und die diese Stadt umschließen von Anfang bis zum Ende, und für das Böse bleibe keine Lücke."

Der "Campus der Religionen" soll künftig Gotteshäuser sechs verschiedener Religionsgemeinschaften beherbergen und ist als Zeichen des Dialogs gedacht. Erst Mitte Juni war das Baufeld gesegnet worden. Zehn Fahnen kündigen seither den Campus an: Sechs zeigen die Symbole von Glaubensgemeinschaften, vier weitere stehen für Europa, Österreich, Wien und den Bezirk Donaustadt. Das Projekt soll binnen fünf Jahren realisiert werden.

Bereits unmittelbar nach dem antisemitischen Vandalenakt hatten alle am "Campus der Religionen" vertretenen Glaubensgemeinschaften in bewusst zeitgleich versandten Pressemitteilungen die Tat verurteilt. Vertreter von katholischer, evangelischer und orthodoxer Kirche, der Islamischen Glaubensgemeinschaft, der Israelitische Kultusgemeinde und der Buddhistischen Religionsgesellschaft zeigten sich darin "bestürzt und betroffen".

Text: kathpress

Fotos: M. Schomaker und Ev. Diözese A.B. Wien

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