Botschafter des Zusammenhalts
Maria Katharina Moser über ein jüdisch-muslimisches Dialog-Projekt in Schulen
Die beiden geben ein starkes Bild ab, wenn sie gemeinsam in Klassenzimmern und Schulaulen stehen und vom „Wir-Gefühl“ sprechen: Schlomo Hofmeister ist Rabbiner, Ramazan Demir ist Iman. Einen Rabbiner und einen Imam, die eine langjährige Freundschaft verbindet, gemeinsam zu sehen, hat eine starke Wirkung und kann Vorurteile aufbrechen, sind die beiden überzeugt. Und genau darum geht es ihnen: Vorurteile aufzubrechen und sich für ein gutes Zusammenleben in Österreich einzusetzen. „Botschafter des sozialen Zusammenhalts“ heißt das Dialog-Projekt, für das Hofmeister und Demir dieser Tage mit dem „Ute-Bock-Preis für Zivilcourage“ ausgezeichnet wurden.
Der Name des Projekts beschreibt das Ziel: sozialer Zusammenhalt. Der Weg dorthin führt über den Alltag. Um „das ganz normale Leben“ geht es bei den Gesprächen mit den Schülern und Schülerinnen. Um Feste und Feiertage. Um Fragen wie: Was heißt es, halal in Wien zu essen? Wieso ist es in Istanbul so schwer, koscher zu essen? Aber auch: Wie beeinflussen Kriege, Krisen und Konflikte ihre Freundschaft?
In den Schulen hat das Dialog-Projekt seinen Ort. Der Ort ist wohl gewählt. Denn gutes Zusammenleben braucht Wissen – und zwar nicht nur über die andere Religion, sondern auch über die eigene. Imam Demir schildert eindrücklich den Zusammenhang von Radikalisierung und Unkenntnis. Er ist auch Gefängnisseelsorger und begleitet radikalisierte muslimische Jugendliche in der Haft. Aus dieser Arbeit weiß er, dass radikalisierte Jugendliche von der Religion, die ihnen so wichtig und heilig zu sein scheint, keine Ahnung haben. Sie haben oft kaum religiöses Wissen, sie kennen nur einzelne Suren aus dem Koran – Suren, die leicht falsch verstanden werden können und die es Hasspredigern leicht machen, ihre Botschaft des Terrors zu verbreiten.
Gutes Zusammenleben braucht religiöse Bildung. Deswegen ist der Religionsunterricht so wichtig – und dieses Schulprojekt. Und es wird angesichts des Anschlags auf Israel durch die Terrororganisation Hamas und der Spirale der Gewalt, die dadurch ausgelöst wurde, immer wichtiger. Die Situation würde die Schüler mitnehmen, erzählen Hofmeister und Demir. Es gibt viele Fragezeichen in den Köpfen und auch viele Falschinfos. „Wir dürfen da nicht zuschauen“, sagt Demir. Und Hofmeister fügt hinzu: „Wir müssen verhindern, dass sich dieser Konflikt auf unsere Religionsgemeinschaften und Schulen überträgt.“ Gemeinsam wollen sie das Wir-Gefühl hervorheben: „Was uns alle verbindet, ist unsere Heimat Österreich.“