36. Pfingstgebetsnacht sieht Ökumene auf dem Prüfstand
Abschluss der seit 1984 bestehenden Veranstaltungsreihe in Wien-Hetzendorf
Wien (epdÖ) – Die „Karfreitagsfrage“ könnte die nächste große ökumenische Aufgabe in Österreich werden. Das war der Tenor einer Podiumsdiskussion im Rahmen der 36. und letzten ökumenischen Pfingstgebetsnacht am Freitag, 7. Juni, in Wien-Hetzendorf. Der ökumenische Weg müsse fortgesetzt werden – auch wenn die unmittelbar nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) vorherrschende Begeisterung für die Ökumene abgeklungen sei – heißt es in einer Aussendung der Veranstalter. Einiges sei in der Zwischenzeit jedoch erreicht worden, verwiesen wurde insbesondere auf die gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre (1999), die Charta Oecumenica (2001) oder das Ökumenische Sozialwort (2003).
An der Ökumenischen Pfingstgebetsnacht nahmen als Diskutanten und Referenten der reformierte Landessuperintendent und Vorsitzende des Ökumenischen Rats der Kirchen in Österreich, Thomas Hennefeld, ebenso teil wie der Wiener evangelisch-lutherische Superintendent Matthias Geist, der römisch-katholische Weihbischof Helmut Krätzl, der serbisch-orthodoxe Erzpriester Petar Pantić, der altkatholische Bischof Heinz Lederleitner, Reverend Patrick Curran von der Anglikanischen Kirche, der evangelische Pfarrer und Universitätsprofessor Ernst Hofhansl und Organisatorin Ingrid Vogel. Vogel betonte, dass es ihr in den 36 Jahren der Pfingstgebetsnächte immer wichtig gewesen sei, „die theologische Auseinandersetzung, die gelebte Spiritualität und die sozial-diakonische Verantwortung im Blick zu haben“, und damit „einen umfassenden Beitrag zum Verstehen in versöhnter Verschiedenheit zu leisten“. Den Abend moderierte Udo Bachmair.
Die gesamten Themen des Abends spannten einen weiten Bogen von der schlichten Bezeichnung „Nacht des Betens“, über die großen Themen der ökumenischen Versammlungen „Friede, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung“, Themenkreise zur Spiritualität der Musik, des Gottesdienstes und Bibelverständnisses in den Kirchen bis zu Fragen der ethischen, politischen und diakonischen Verantwortung.
Zum Abschluss dieses besonderen Formates versammelten sich Leitende unterschiedlicher Kirchen zum Thema „Wegplatten und Stolpersteine zu einer ökumenischen Kirche“ auf dem Podium.
Wegplatten als vorgegebener fester Grund, der jedenfalls weiterzubeschreiten ist einerseits, und als Herausforderung zum Ausbalancieren andererseits sei die Ökumenische Bewegung für Landessuperintendent Mag. Thomas Hennefeld aus der evangelischen Kirche H.B. Mit dem Begriff Stolperstein sei aber auch an die Herausforderung des Dialogs mit dem Judentum zu denken.
Der Superintendent der evangelischen Diözese A.B. Wien, DDr. Matthias Geist, schöpft aus dem reichen Erfahrungsschatz als Pfarrer in der Gefängnisseelsorge, wo die konfessionelle Zuständigkeit in den Hintergrund tritt gegenüber dem Bedürfnis von Seelsorge und der Auseinandersetzung mit Recht und Gerechtigkeit.
Das Verständnis von Ökumene und ihre gelebte Wirklichkeit als Auftrag und Chance erinnerte der serbisch-orthodoxe Erzpriester, Petar Pantić. Zugleich verwies er auf die besondere Stellung der Orthodoxie im ökumenischen Reigen, die vielerorts geprägt ist von jahrhundertelanger Unterdrückung durch fremde Völker und Religionen.
Blumiger stellte der altkatholische Bischof Dr. Heinz Lederleitner sein Ökumenebild vor: Wie der Löwenzahn seine Blüte kräftig und strahlend hervorbringt, und mit den kleinen Schirmchen die Samen verbläst, so könnte auch der Weg der ökumenischen Bewegung seit dem 2. Vatikanum in die Zukunft gesehen werden. Die Kirchengemeinschaft mit der anglikanischen Kirche sei als Modell für mögliche ökumenische Wege in die Zukunft denkbar.
Besonders dass wir alle gemeinsam verankert sind in der einen Taufe und damit schon eins sind und uns so auf dem Weg zu einer Gemeinschaft am Tisch des Herrn befinden, gäbe die Chance, den Weg der Ökumene als unabdingbare Herausforderung zu sehn, betonte Reverend Patrik Curran von der anglikanischen Kirche.
Nicht müde wird Weihbischof DDr. Helmut Krätzel seit Jahrzehnten genau diese eucharistische Einheit einzumahnen. Religionsunterricht als Aufgabe im politischen Diskurs, und vorallem der Dialog mit den Nichtglaubenden als zweitgrößte religiöse Gruppe in unserem Land seien die vorrangigen Themen für Österreich aber besonders in der Verantwortung für Europa.
Auf das Modell der GEKE, der Gemeinschaft der evangelischen Kirchen in Europa, deren Sitz in Wien ist, verwies auch Univ.Prof. Dr. Ernst Hofhansl in seinem Grundsatzreferat zum Thema „ut omnes unum sint“ zum Beginn dieser Pfingstgebetsnacht. Mit dem paulinsich biblischen Bild des „schon jetzt“ des Heils in Christus und des „noch nicht“ der letzten Erfüllung, zeichnete der lutherische Theologe auch den Auftrag für die Zukunft von Ökumene.
Die Diskutanten waren sich einig: es muss weitergehen mit der Ökumene. Selbst wenn die Be-Geisterung, die nach dem Konzil zu spüren war, ein wenig abgeklungen scheint, auch weil inzwischen einiges erreicht ist – zitiert wurde mehrmals das Ökumenische Sozialwort, die gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigung, die Charta Ökumenica und viele andere wegweisende Dokumente – muss der Weg weitergehen.
Die Karfreitagsfrage könnte, so das Podium, die nächste konkrete ökumenische Aufgabe sein.
Pfarrerin Dr. Ingrid Vogel, die „Erfinderin“ dieses besonderen Formats auf dem Weg der Ökumene, betonte, dass ihr in den 36 Jahren immer wichtig war, die theologische Auseinandersetzung, die gelebte Spiritualität und die sozial-diakonische Verantwortung im Blick zu haben, und damit einen umfassenden Beitrag zum Verstehen in versöhnter Verschiedenheit zu leisten.
Der an die 100 hochrangigen Referierenden aus den 36 Jahren wurde in der Ökumenischen Vesper namentlich gedankt.
Text: epdÖ und Pfarrgemeinde Hetzendorf
Foto: Pfarrgemeinde Hetzendorf/Herwig Röthy