Reformationsempfang betont Verantwortung der Evangelischen für Europa


 
von Evangelischer Pressedienst
Die Verantwortung der Kirchen für Europa stand im Mittelpunkt des Reformationsempfangs 2018 im Wiener Odeon-Theater. Foto: epd/Uschmann
Die Verantwortung der Kirchen für Europa stand im Mittelpunkt des Reformationsempfangs 2018 im Wiener Odeon-Theater. Foto: epd/Uschmann

Bünker fordert „mehr Europa“ – Diakoniepreis 2018 verliehen – Hohe Auszeichnung für Michael Landgraf

Wien (epdÖ) – „Evangelisch in Europa“ lautete das Motto des diesjährigen Reformationsempfangs der österreichischen evangelischen Kirchen am Mittwoch, 24. Oktober, im Wiener Odeon-Theater. Der jährlich stattfindende Festakt, zu dem der lutherische Bischof Michael Bünker, der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld und der methodistische Superintendent Stefan Schröckenfuchs anlässlich des Reformationstages am 31. Oktober geladen hatten, legte im Gedenkjahr 2018 seinen Schwerpunkt auf die Verantwortung der Kirchen für ein friedliches Europa. Bischof Bünker forderte in seinem Festvortrag „mehr Europa, als wir heute haben“ und betonte, dass der eingeschlagene Weg angesichts aktueller Herausforderungen nicht fortgesetzt werden könne. Präsentiert wurden vor rund 300 Festgästen aus Kirchen, Politik, Wissenschaft und Kultur auch eine Erklärung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRKÖ) zur politischen Verantwortung der Kirchen für Europa. Zudem wurde der Diakoniepreis für innovative Sozialprojekte in Diakonie und Kirche verliehen und die beste vorwissenschaftliche Arbeit im Themenbereich Evangelische Religion vorgestellt. Mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst wurde im Rahmen des Reformationsempfangs der Leiter des Religionspädagogischen Zentrums in Neustadt an der Weinstraße (Deutschland), Michael Landgraf, ausgezeichnet.

In seinem Festvortrag hob Bünker mit Blick auf das Ende des Ersten Weltkrieges vor hundert Jahren fünf Fragen hervor, die zu behandeln seien, „wenn wir uns der Vergangenheit stellen und unser Erinnern etwas für die Gegenwart und Zukunft austragen soll“. Diese Fragen betrafen die „Mitschuld von Kirche und Theologie“ am Ausbruch des Krieges, die Rechte von Minderheiten, Flucht und Migration, Erinnerung und Versöhnung, sowie die demokratische Kultur und Zivilgesellschaft. Gegenwärtig ortet Bünker massive Bedrohungen für die „Europa kennzeichnende offene und pluralistische Gesellschaft, in der die Evangelische Kirche, die Diasporakirche, ihre Aufgabe wahrnimmt“, und forderte ein „lösungsorientiertes Gespräch über die wirklichen Probleme“ der Zeit, zum Beispiel den Klimawandel oder die Digitalisierung. Was europäische Werte gelten, „sehen wir derzeit ungeschminkt im Mittelmeer“. Seenotrettung sei ein „Gebot der Menschenrechte“. Gleichzeitig zeigte sich Bünker dankbar für Kirchen und Gemeinden, die sich für den Schutz, die Begleitung und Integration von Menschen auf der Flucht einsetzen. Gemeinden seien „Orte des offenen Gesprächs ohne Hass und Hetze, offen für alle aber keineswegs offen für alles“.

Für Bünker, der bis September auch als Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa mit Sitz in Wien wirkte, war es der letzte Reformationsempfang als Bischof, im Mai 2019 wird seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger gewählt.

Oberkirchenrätin Ingrid Bachler präsentierte eine jüngst veröffentlichte Erklärung des Ökumenischen Rats der Kirchen in Österreich zur Verantwortung der Kirchen für Europa. Foto: epd/Uschmann

In der von Oberkirchenrätin Ingrid Bachler präsentierten ÖRKÖ-Erklärung nehmen die österreichischen Kirchen Bezug auf die derzeitige EU-Ratspräsidentschaft Österreichs und die bevorstehenden EU-Parlamentswahlen im Mai 2019. „Die christlichen Kirchen“, so Bachler, „sollen sich vergegenwärtigen, welche Gesellschaft sie sich in Zukunft wünschen.“ Dazu forderten sie ein soziales, schützendes, demokratisches und versöhnendes Europa. Bachler: „Wir brauchen ein Europa, in dem die Würde jedes Menschen gesichert ist.“

Der alljährlich verliehene Diakoniepreis für Sozialprojekte mit „sichtbarem Innovationspotenzial“ ging heuer an das Projekt „KOWALSKI café & bistro“ des Diakoniewerks Gallneukirchen. In dem integrativen Café an drei Standorten in Oberösterreich und Salzburg arbeiten Menschen mit Behinderung, serviert wird vor allem regionale, vegetarische und vegane Küche. Die Auszeichnung nahm stellvertretend Josef Scharinger, Vorstandsvorsitzender des Diakoniewerks von Synodenpräsident Peter Krömer und Volkmar Angermeier, Vizepräsident der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, entgegen, die den mit 10.000 Euro dotierten Preis gestiftet hatte.

Den Preis für die beste vorwissenschaftliche Arbeit aus dem Fach Evangelische Religion erhielt der Wiener Benedikt Mitsche (r.), hier im Bild mit Oberkirchenrat Karl Schiefermair. Foto: epd/Uschmann

Gewürdigt wurde im Rahmen des Reformationsempfangs auch Benedikt Mitsche für die beste vorwissenschaftliche Arbeit des vergangenen Schuljahres zu Themen aus dem Fach Evangelische Religion. Der Schüler des Wiener Theresianums hatte unter Betreuung durch Wolfgang Wotke die Vertreibung der Salzburger Exulanten in den Jahren 1731/32 durch den Salzburger Erzbischof Firmian aufgearbeitet. Die Jury habe sich vor allem „von der umfassenden Aufarbeitung beeindrucken lassen“, sagte Oberkirchenrat Karl Schiefermair, der die Ehrung vornahm. Mitsche ging dabei mit der Vergebungsbitte des damaligen römisch-katholischen Salzburger Erzbischofs Andreas Rohracher auch auf die Nachwirkungen bis in die jüngere Geschichte Salzburgs ein. „Die Vergebungsbitte war ein Grundstein, dass sich viele nicht primär als evangelisch oder katholisch, sondern als christlich verstehen und das Verbindende über das Trennende stellen“, sagte Mitsche im Gespräch mit Schiefermair.

Der deutsche Religionspädagoge Michael Landgraf (l.) erhielt das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, die Ehrung nahm Alexander Schallenberg, Sektionschef im Bundeskanzleramt, vor. Foto: epd/Uschmann

Im Rahmen des Reformationsempfangs bekam Dozent Pfarrer Michael Landgraf, Leiter des Religionspädagogischen Zentrums im rheinland-pfälzischen Neustadt an der Weinstraße, von Alexander Schallenberg, Sektionschef im Bundeskanzleramt, das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst verliehen. In seiner Laudatio erklärte Oberkirchenrat Karl Schiefermair, Landgraf habe mit seinen Büchern Standards gesetzt. Seine Publikationen würden einladen „zur Weiterarbeit und zum Finden der eigenen religionspädagogischen Kreativität“. Landgraf zeigte sich in seinen Dankesworten „überrascht, berührt und dankbar“. Sein Lehren und Schreiben diene „nur dem Zweck, für Kinder, aber auch für Erwachsene, den Stoff zu elementarisieren und auf den Punkt zu bringen“.

Der methodistische Superintendent Stefan Schröckenfuchs bot den Gästen einen Ausblick auf die von den drei evangelischen Kirchen in Österreich gemeinsam organisierten Christlichen Begegnungstage Anfang Juli 2020 in Graz, zu denen aus mehreren europäischen Ländern rund 5000 Besucherinnen und Besucher erwartet werden. Die Tage, so Schröckenfuchs, würden „erstmals nicht evangelische, sondern ökumenische“ sein. Es gehe um Austausch und die persönliche Begegnung.

Präsentierte mit SchülerInnen das Projekt „Auf der Suche nach der Seele Europas“: Michael Chalupka, Geschäftsführer der Diakonie Bildung. Foto: epd/Uschmann

Michael Chalupka, bis August Direktor der Diakonie Österreich und nunmehr Geschäftsführer der Diakonie Bildung, präsentierte gemeinsam mit SchülerInnen das Projekt „Auf der Suche nach der Seele Europas“, das Jugendliche aus evangelischen Schulen jedes Jahr nach Auschwitz und Krakau führt. „Es ist besonders, das SchülerInnen auf der Suche nach der Seele Europas nicht nach Brüssel oder Wittenberg fahren, sondern nach Auschwitz“, meinte Chalupka.

In einem Schlusswort blickte der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld auf das bevorstehende Zwinglijahr 2019: „Zwingli hat in Österreich eine große Rolle gespielt, deshalb schließen wir uns der Zürcher Kirche an und wollen das Jahr mit Gottesdiensten, Vorträgen und weiteren Veranstaltungen begehen“, kündigte Hennefeld an. Vor fünfhundert Jahren, am 1. Jänner 1519, hatte Ulrich Zwingli mit der Übernahme des Pfarramts am Zürcher Großmünster symbolisch die Reformation in der Schweiz eingeläutet.

Gitarrist Jannis Raptis und Jazz-Sängerin Jasmin Meiri sorgten für die muskalische Umrahmung des Abends. Foto: epd/M. Uschmann

Für die musikalische Gestaltung des Reformationsempfangs sorgte die Wiener Jazz-Sängerin Jasmin Meiri, die vom Gitarristen Jannis Raptis begleitet wurde. Durch den Festakt führte die Wiener Vikarin und frühere Journalistin Julia Schnizlein-Riedler.

Bilder vom Reformationsempfang finden Sie auf: foto.evang.at

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