Arbeitszeit – Evangelische Kirche pocht auf Sonntagsruhe
Eingriffe in sensible Bereiche nur im gesellschaftlichen Gesamtkonsens
Wien (epdÖ) Deutliche Kritik am Gesetzesvorhaben der Regierungsparteien, die Arbeitszeit bei besonderem Arbeitsbedarf durch Überstunden auf Sonn- und Feiertage auszudehnen, kommt von der Evangelischen Kirche. In einer Stellungnahme, die der Evangelische Oberkirchenrat A.u.H.B. am Dienstag, 3. Juli, beschlossen hat, spricht sich das Leitungsgremium der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich dezidiert für die Beibehaltung der Sonntagsruhe aus. Generell sieht die Evangelische Kirche gesetzliche Regelungen über die tägliche Höchstarbeitszeit, die wöchentliche Höchstarbeitszeit sowie die Arbeit an Sonn- und Feiertagen als „sensible Bereiche“, die „nur im gesellschaftlichen Gesamtkonsens“ getroffen werden sollten, nach einer „ausführlichen und intensiven Begutachtung“ und „nach intensiven Gesprächen“ mit den Sozialpartnern, heißt es in der Stellungnahme, die dem Präsidium des Nationalrates und anderen politischen Entscheidungsträgern übermittelt wurde.
Das geplante Arbeitsruhegesetz sieht Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe bei besonderem Arbeitsbedarf vor. Hier hat die Evangelische Kirche verfassungsrechtliche Bedenken im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit. So werden aufgrund des Priestertums aller Gläubigen in den evangelischen Kirchen und vielen Freikirchen Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen nicht nur durch Pfarrerinnen und Pfarrer sondern durch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehalten. Diese wichtige Mitarbeit vieler Ehrenamtlicher prägt das gottesdienstliche Leben in den evangelischen Pfarrgemeinden, so der Oberkirchenrat. Die neue Regelung würde nun bedeuten, dass plötzlich Betriebsräte und Arbeitsinhaber darüber entscheiden, ob an bestimmten Sonn- und Feiertagen ein ehrenamtlicher Mitarbeiter bzw. eine ehrenamtliche Mitarbeiterin einen Gottesdienst halten kann. Dadurch, so die Evangelische Kirche, greife die geplante Änderung in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Religionsfreiheit der Evangelischen Kirchen in Österreich ein. Problematisch beurteilt die Evangelische Kirche auch die Regelung, dass Dienstnehmer für die Ablehnung der Arbeit an Sonn- und Feiertagen in diesem Fall detailliert Gründe für ihr ehrenamtliches religiöses Engagement nennen müssten. Hier stelle sich die Frage, ob dies „nicht gesetzlich diskriminierend“ im Sinne der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie und damit unionswidrig sei. Letztlich würden dann Arbeitsgerichte darüber entscheiden, ob eine Mitarbeit in einem Gottesdienst rechtlich relevant sei. Dies wiederum, so der Evangelische Oberkirchenrat, stelle einen „unzulässigen Eingriff in die inneren Angelegenheiten“ der Evangelischen Kirchen in Österreich dar.
Zudem hält die Evangelische Kirche fest, dass an Sonn- und Feiertagen die öffentliche Religionsausübung im Rahmen der Gottesdienste und vieler anderer Veranstaltungen erfolge. Das „biblisch angeordnete Gebot der Sonntagsruhe“ habe außerdem eine „weitere tiefe Bedeutung“ für das gemeinsame und familiäre Leben.
Den vollen Wortlaut der Stellungnahme finden Sie hier.