„Im Gespräch“ – Was Kinder brauchen
Pfarrerin Maria Katharina Moser über Bildung
„Kinder sind arm, weil sie in die Schule gehen müssen“, sagt Peter. „Finde ich nicht“, sagt Rudolf, „Kinder ohne Bildung sind arm, weil sie können keinen Beruf lernen und später kein Geld verdienen.“ Wir haben in der Bibel gelesen, dass sich Jesus Kindern zuwendet, und sind bei der Frage gelandet, wann Kinder arm sind. Ich schaue in die Runde der 11jährigen: „Was meinen andere?“ Silke meldet sich: „Die Schule nervt schon manchmal. Aber jedes Kind braucht Bildung. Wie Rudolf gesagt hat. Sonst hat man später keine Chance.“
Kinder sind davon überzeugt, dass gute Bildung wichtig ist. Das bestätigt eine Studie, die die Bundesjugendvertretung unlängst präsentiert hat. Kinder wurden selbst gefragt, was sie für ein gutes Leben brauchen. Sie haben die großen Themen angesprochen: Ernährung, Kleidung, Wohnsituation, Gesundheit, Familie, FreundInnen und Freizeit – und eben gute Bildung. Und sie haben aufgezählt, was sie konkret brauchen für die Schule: Schultasche, Turnsackerl, Computer, Taschenrechner, Stifte, Geodreieck, Bücher, Hefte, Kleber, gesunde Schuljause usw. Das alles kostet. Wie viel, das hat meine Bekannte Susanne ausgerechnet. Ein Schuljahr lang hat sie genau Buch geführt. 3 € für das Faschingsfest, 4 € für die Bücherwelt, 7 € für einen Kreativworkshop, 200 € für die Projektwoche … Die Kosten für schulische Veranstaltungen haben sich auf 328,10 € geläppert. Dazu kamen 40 € für den Spind, 20 € für den Elternverein, Geld für geforderte Materialien sowie für Lernbetreuung und Mittagessen. 1.638,32 € hat Susanne übers Jahr hingeblättert, damit ihr Sohn bei allem mitmachen kann in der Schule. Diese Kosten zu stemmen, ist für keine Familie einfach. Für Menschen, die in Armut leben oder armutsgefährdet sind, ist das kaum zu schaffen.
Die Zukunftschancen von Kindern hängen von den materiellen Möglichkeiten ihrer Eltern ab. Schule ist in Österreich gratis. Aber um gut und erfolgreich lernen zu können, reicht das nicht. Denn mit leerem Bauch, ohne einen Tisch, an dem sie in Ruhe ihre Hausübung machen können, in einer ungeheizten Wohnung können Kinder keine Leistungen bringen.
Kinder haben ein Recht darauf, dass ihre Grundbedürfnisse sichergestellt werden. Und die sind für alle Kinder gleich: eine ordentliche Wohnung, in der auch Freundinnen auf Besuch kommen können; eine Dusche, aus der warmes Wasser kommt; ausreichend und gesundes Essen; eine Ärztin und Medizin, wenn sie krank sind; Schultasche, Stifte, Geld für die Projektwoche und was man sonst noch alles braucht, um in der Schule dazu zu gehören. „Alle sollen mitmachen können“, sagt Robert. Und Silke meint: „Ja, weil alle Kinder sind gleich viel wert. Wir sind ja alle von Gott geschaffen.“
Dr. Maria Katharina Moser ist Pfarrerin in Wien-Simmering. Kontakt: *protected email*
Jeden Sonntag sind Pfarrerin Maria Katharina Moser, Vikarin Julia Schnizlein und Pfarrerin Ingrid Tschank in der „Krone bunt“ – Kolumne „Im Gespräch“ zu lesen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von krone.at