Im Gedenken an die segensreichen Helferinnen und Helfer

Gedenktafel zur Judenverfolgung an der Messiaskapelle enthüllt

 
von Martina Schomaker
Kuratorin Mag. Tanja Dietrich-Hübner und Gemeindepfarrer Mag. Harald Geschl enthüllen die Gedenktafel.
Kuratorin Mag. Tanja Dietrich-Hübner und Gemeindepfarrer Mag. Harald Geschl enthüllen die Gedenktafel.

Gedenktafel zur Judenverfolgung zum Tag des Judentums enthüllt

Im Gedenken an die segensreichen HelferInnen, die während der Nazi-Zeit verfolgten Menschen geholfen haben, fand am 22. Jänner 2017 in einem kleinen Festakt die Enthüllung einer Gedenktafel statt. Im Beisein der Bezirksvorsteherin Martina Malyar und VertreterInnen der heute in diesem Haus beheimateten evangelischen Messiaskapelle wurde die Tafel vor der Seegasse 16 im 9. Wiener Gemeindebezirk enthüllt. Die im Stil eines Puzzles gestaltete Tafel soll an die vielen, großteils unbekannten HelferInnen erinnern, die zu dem großen Werk christlicher Nächstenliebe beigetragen haben. Während des Nazi-Regimes wurde hier rund 3.000 jüdischen MitbürgerInnen die Flucht ins Ausland ermöglicht und so das Leben gerettet.

Über die Arbeit der Schwedischen Mission

Im März 1922 kaufte die Schwedische Israelmission das Haus in der Seegasse 16. Diese Organisation mit Hauptsitz in Stockholm verfolgte in Wien zunächst das Ziel, Jüdinnen und Juden mit dem christlichen Glauben vertraut zu machen und evangelisch zu taufen. Die Zuspitzung der Umstände für Jüdinnen und Juden unter der Nazi-Herrschaft führte zu einem Umdenken der nun als „Schwedische Mission“ bezeichneten Organisation: unter der Leitung schwedischer TheologInnen haben österreichische evangelische ChristInnen Hilfesuchende unterstützt, angefangen von Seelsorge über Kleiderbeschaffung und Ausspeisungen bis zur Fälschung von Dokumenten, um eine Ausreise zu ermöglichen.

Zwischen 1938 und 1941 konnte so über 3.000 Menschen, vornehmlich Jüdinnen und Juden, aber auch ChristInnen jüdischer Abstammung zur Ausreise aus Österreich verholfen werden, um sie vor der Deportation in die Vernichtungslager zu bewahren. Trotz aller Bemühungen konnte jedoch der weitaus größeren Zahl, die sich an die Schwedische Mission um Hilfe wandten, nicht geholfen werden. 1941 wurde der letzte schwedische Mitarbeiter des Landes verwiesen und die Schwedische Mission musste geschlossen werden.

Über die Gedenktafel

Die Gedenktafel, die nun an der Häuserfront der Seegasse 16 angebracht ist, greift das Motiv des leidenden und sterbenden Jesus am Kreuz auf. Dieses Kreuz aus Holz hängt im Kirchenraum der Evangelischen Messiaskapelle und erinnert dort an die Toten aus den Jahren der Verfolgung 1938 bis 1945. Das Kreuz auf der Gedenktafel ist ein Gesamtkunstwerk, das – ähnlich einem Puzzle – die vielen Bestandteile, die vielen unerkannten und unbekannten HelferInnen, repräsentieren soll, die diese große Leistung der Nächstenliebe in der Seegasse 16 ermöglicht haben. Mit der Gedenktafel soll daran erinnert werden, dass es nicht um große Namen oder um Regimetreue geht, sondern dass die Liebe Gottes, auf der unser Glaube aufbaut, immer im Zentrum unserer Tätigkeiten und Entscheidungen stehen soll und jeder einzelne von uns wie ein Puzzleteil dazu beitragen kann.

Über die Messiaskapelle Wien

Nach Beendigung der Arbeit der Schwedischen Mission in der Seegasse 16 im Jahr 1973 startete zunächst die Evangelische Predigtstation Alsergrund. Im Jahr 2000 wurde die Evangelische Pfarrgemeinde A.B. Wien Alsergrund unter dem Namen Messiaskapelle verselbständigt. Die Messiaskapelle hat 1600 Mitglieder und ca. 50 aktive, ausschließlich ehrenamtliche MitarbeiterInnen und steht seit 2000 unter der Leitung von Pfarrer Mag. Harald Geschl.

 

Text: Pfarrer Harald Geschl
Foto: Messiaskapelle / www.evang9.wien

Buchtipp: "Hoffnungsort Seegasse 16", herausgegeben von der Evangelischen Akademie Wien, erschienen im Oktober 2015 im Mandelbaum-Verlag. Weitere Infos hier: Evangelische Akademie Wien

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