Alt werden, aber nicht alt sein?

 
von Evangelischer Pressedienst

Julia Schnizlein über eine wichtige Erkenntnis zum Jahreswechsel

„Da bist Du beinahe fast gerade erst geboren, und schon sitzen wir beide beim Essen“, sagt der berühmte deutsche Humorist Loriot im Film „Papa ante Portas“ zu seinem 16-jährigen Sohn. In seiner so komischen wie geistreichen Art bringt Loriot auf den Punkt, was viele empfinden: Die Zeit vergeht wie im Flug, und oft bemerken wir nur an Eckdaten wie Jahreswechsel oder Geburtstag, dass sie unwiederbringlich vorüber ist.

Heute Nacht ist es wieder soweit – ein neues Jahr beginnt. Und ehe wie es uns versehen, ist es 2030 – und wir werden sagen: „Wisst ihr noch, damals im Jahr 2023…“. Vielleicht wird es uns vorkommen, als wäre es gestern gewesen. Aber im Grunde wissen wir, dass es nicht gestern war. Und nicht vorgestern. Denn wir werden älter geworden sein.

„Jeder will alt werden, aber niemand will alt sein“, heißt es. Langsam merke ich, was das bedeutet. Auch bei mir melden sich erste Altersbeschwerden: das Lesen geht nicht mehr ohne Brille, die Haare werden grau, an Sport wie Inlineskaten ist nicht mehr zu denken – zu groß die Sorge vor Stürzen und Brüchen. Und manchmal spüre ich, dass das, was auf mich zukommt, nicht nur leicht wird.

Die Angst vor dem Älterwerden und Altsein lässt ja ganze Wirtschaftszweige boomen, von der Pharma- über die Kosmetikindustrie bis hin zu Schönheitschirurgen. Man bekommt fast den Eindruck, als läge es an uns, „für immer jung“ zu bleiben. Als wäre das Leben unser Produkt – und nicht ein Geschenk.

Dabei hat das Alter nicht nur Nachteile. Viele genießen die Freiheiten, die es mit sich bringt. Die Freiheit, sich im Beruf oder in der Erziehung nicht mehr behaupten zu müssen. Die Freiheit, sich die Zeit selbst einzuteilen. Bei vielen Menschen zieht mit den Jahren eine gewisse Altersweisheit ein, und sie erkennen, was ihnen wirklich wichtig ist. Wie viel ihnen im Leben geschenkt wurde und wie wenig sie selbst je in der Hand hatten. Sie erkennen: Egal, wie alt oder jung wir sind, nicht wir sind es, die dieses Leben führen. Das ist Gott, der uns führt, wärmt, schützt und stützt; in jedem Alter.

In diesem Sinne: Genießen Sie den Jahreswechsel und jedes weitere Jahr, in dem Sie getrost älter und weiser werden dürfen.

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