Weltgrößte Tagung von Bibelwissenschaftler:innen Ende Juli in Wien

 
von Evangelischer Pressedienst

350 Forschende zum Generaltreffen der „Society for New Testament Studies“ erwartet

Wien (epdÖ) – Etwa 350 Bibelwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler kommen Ende Juli in Wien zur weltgrößten Tagung im Fachgebiet „Neues Testament“ zusammen. Das 77. General-Treffen der „Society for New Testament Studies“ (SNTS) findet vom 25. bis 28. Juli an der Universität Wien statt. Religionsübergreifend führt es Wissenschaftler:innen aus allen Kontinenten zum Austausch über aktuelle Entwicklungen in der neutestamentlichen Forschung zusammen. Es sei besonders faszinierend, dabei mit der „Creme de la Creme der exegetischen Wissenschaft“ zu diskutieren und Netzwerke zu knüpfen, betonen die Initiatoren, der Wiener evangelische Neutestamentler Markus Öhler und sein katholischer Kollege Markus Tiwald, im Podcast „Diesseits von Eden“.

Aktuelle Forschungsgegenstände im Bereich des Neuen Testaments seien laut Tiwald und Öhler etwa die Fragen der Trennung zwischen Judentum und Christentum („Parting of the ways“), aber auch die religionsgeschichtliche Verortung des frühen Christentums in das religiöse Setting der Antike. Thema seien auch sozialgeschichtliche Fragen nach den sozialen Verhältnissen und der Art und Weise, wie diese biblisch abgebildet oder durchbrochen werden. Gerade in diese Fragen sei in jüngster Zeit viel Bewegung gekommen durch neue Forschungsergebnisse etwa aus der Geschichtswissenschaft, der Papyrologie und anderen Fachdisziplinen.

„Bis zum heutigen Tag aktuell“

Im Podcast-Gespräch werben die beiden Exegeten außerdem für einen möglichst unvoreingenommenen und breiten Zugang zum Neuen Testament. Die Botschaft des Neuen Testaments sei „bis zum heutigen Tag aktuell“ – sie bedürfe allerdings einer sprachlichen Übersetzung in die Gegenwart. Dann könnte das Neue Testament auch positive Impulse zu aktuellen Fragen geben – von der Frauenfrage in der Kirche bis hin zum Klimaschutz. „Die Bibel ist kein monolithisches Buch, sondern vereint viele verschiedene Traditionen, Sichtweisen, auch Konflikte“, so Tiwald. Dies eröffne „Handlungsräume“. Gefährlich werde es nur dann, „wenn eine einzelne Deutung absolut gesetzt wird und gesagt wird: nur so darf es sein und alle anderen Entwicklungen sind falsche Entwicklungen“.

Gerade etwa im Blick auf die Frauenfrage habe Jesus „eine größere Freiheit“ gelebt, als diese die Kirche heute abbilde. Gewiss gebe es Stellen im Neuen Testament, in denen Frauen „in den Hintergrund gedrängt werden“, aber eine historisch-kritische Analyse zeige da auf, dass dies zeitbedingte Deutungen vor dem Hintergrund „damals herrschender gesellschaftlicher Werte“ waren, erklärt Öhler. Dabei seien Frauen von Anfang an in der Gruppe Jesu mit dabei gewesen und als Apostelinnen ausgesendet worden. „Man kann hier eigentlich sagen: in den Anfängen hat es eine Genderparität gegeben“, unterstreicht Tiwald, „und es wäre doch schön, wenn wir solche Anfänge noch einmal revitalisieren könnten“. Tatsächlich würde das Neue Testament viele solcher „peppiger Impulse“ bieten, durch die die Kirche heute die Möglichkeit hätte, „den Kopf aus der Schlinge herauszuziehen, in die sie ihn ohne Not hineingesteckt hat“.

Die Society for New Testament Studies wurde 1938 gegründet. Sie setzt sich zusammen aus Wissenschaftler:innen, die sich durch exzellente Forschungsarbeiten ausgezeichnet haben, und hat weltweit etwa 800 Mitglieder. Sie ist nicht christlich-konfessionell ausgerichtet, sondern ausschließlich auf wissenschaftliche Forschung ausgerichtet und betont die Vielfalt methodischer Zugänge.

Die erwähnte Podcast-Folge aus der Reihe „Diesseits von Eden. Gespräche über Gott und die Welt“ kann hier  nachgehört werden.

Genaue Informationen zur Tagung finden Sie auf der Website: snts2023.univie.ac.at

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