„Wir haben die Würde von Gottes Geschöpfen verletzt…“
Julia Schnizlein über Zeichen von Wertschätzung und Respekt
„Wir haben die Würde von Gottes Geschöpfen verletzt…“ bekannte vor kurzem eine deutsche evangelische Landeskirche und bat Lesben, Schwule, trans- und intergeschlechtliche Menschen öffentlich um Vergebung für die vielen Verletzungen in Vergangenheit und Gegenwart. In Wien setzten Vertreter unterschiedlicher Religionsgemeinschaften bei der Regenbogenparade „Pride“ ein Zeichen der Akzeptanz und des Respekts, darunter auch Pfarrerinnen und Pfarrer der evangelischen Kirche. „Es ist wichtig, dass wir queere Menschen in unserer Kirche sichtbar werden lassen“, sagt Hochschulpfarrerin Katharina Payk. Man wolle „ein Zeichen setzen gegen die Diskriminierung, die LGBTIQ-Menschen in Kirchen – auch in unserer Kirche – erfahren haben und noch immer erfahren“.
Zur Begründung für Homofeindlichkeit wird nicht selten die Bibel herangezogen – und auch dagegen wehren sich die Theologen. Denn die Bibel kannte gleichgeschlechtliche Liebe auf Augenhöhe, wie wir sie heute kennen, nicht. Zwar steht im 3. Buch Mose: „Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so ist das ein Greuel und beide sollten des Todes sterben.“ Im selben Buch steht auch, dass das Essen von Muscheln, Scampi oder Blutwurst solch ein Greuel ist.
Es ist wichtig, die Bibel immer in ihrem historischen Kontext zu lesen, um einzelne Aussagen, wie die über Bekleidungs- oder Speisevorschriften, Vielfachehe oder Sexualität besser einordnen zu können. Während Homosexualität bei der Auslegung der Bibel oft mit Tempelprostitution, Vergewaltigung oder Knabenliebe gleichgesetzt wurde, wissen wir heute ganz klar: Damit hat gleichgeschlechtliche Liebe nichts zu tun.
Deshalb schreibt die Evangelische Kirche Hessen-Nassau in ihrem Schuldbekenntnis: „Wir glauben heute: Homosexualität, Bisexualität, Trans- und Intersexualität, non-binäre und queere Lebensformen sind Teil der Schöpfung. Von der Schöpfung sagt Gottes Wort: ‚Siehe, es war sehr gut‘, und der Mensch kann, unabhängig seiner sexuellen Orientierung, zu Gott beten: ‚Ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht bin. Wunderbar sind deine Werke, das erkennt meine Seele‘.“