Moser fordert Nutzung des Arbeitsmarktpotenzials geflüchteter Menschen
Diakonie-Appell zum Weltflüchtlingstag: dem Arbeitskräftemangel durch verbesserten Arbeitsmarktzugang begegnen
Wien (epdÖ) – Die Politik müsse Maßnahmen schaffen, damit Unternehmen das Potenzial von Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund nutzen können. Das betonte Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie Österreich, anlässlich des Weltflüchtlingstages am 20. Juni bei einer Pressekonferenz in Wien. „Wir haben Potenzial hier, und wir nutzen es nicht: Geflüchtete und Vertriebene, die schon im Land sind“, unterstrich Moser. Doch ohne ausreichend Arbeitskräfte werde die Wirtschaft in Österreich schrumpfen. “Worüber man hier allerdings redet, ist eine Bedrohung des Wohlstands durch Geflüchtete und Migrant:innen“, kritisierte Moser.
Zusammen mit der Wirtschaftsforscherin Judith Kohlenberger und Thomas Kreiter, Personalchef der ÖBB Infrastruktur, forderte Moser vereinfachte Rahmenbedingungen. Es sei wichtig, das gesamte Arbeitsmarktpotenzial auszuschöpfen und auf Personengruppen, die derzeit am Arbeitsmarkt unterrepräsentiert sind, zurückzugreifen. Dazu zählen geflüchtete Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern sowie Menschen mit unterschiedlichen Qualifikationsniveaus.
Kohlenberger hob hervor, dass geflüchtete Menschen für den Arbeitsmarkt einen multiplen Mehrwert aufwiesen. Zahlreichen Untersuchungen zufolge seien sie überdurchschnittlich resilient und blieben relativ lange einem Unternehmen erhalten. Zudem könne Diversität die Innovationskraft steigern, erklärte die Expertin vom Institut für Sozialpolitik an der Wirtschaftsuniversität Wien.
Kreiter sprach sich mit Blick auf Geflüchtete aus der Ukraine dafür aus, Menschen zeitnah nach ihrer Ankunft in Österreich eine berufliche Perspektive zu bieten. Dies sei „ein guter und wichtiger Schritt“. Aus seiner Erfahrung bei den ÖBB wisse er, dass Unternehmen von den Sprachkenntnissen von Menschen mit Fluchterfahrung stark profitieren können. Knapp 100 Geflüchtete haben die ÖBB bereits gezielt angeworben und in eine Lehre aufgenommen, so Kreiter.
Als Maßnahmen zur Nutzung des Potenzials von Vertriebenen und Geflüchteten für die Pflege fordert die Diakonie Informationen über Ausbildungsmöglichkeiten aus einer Hand, den gezielten Ausbau von Programmen zur Vorqualifizierung für Pflegeberufe sowie eine Entbürokratisierung der Anerkennung von Pflegeausbildungen im Ausland.
Im Bereich der Langzeitpflege würden sich Moser zufolge die Folgen des Fachkräftemangels schon jetzt zeigen: So werden etwa in Pflegeheimen Betten gesperrt, weil Mitarbeiter:innen fehlen. „Mit Geflüchteten und Vertriebenen haben wir viel Potential auch in der Pflege”, sagt Moser. Allerdings werde das Potential auch in diesem Bereich zu wenig genutzt. Dabei verwies die Diakonie-Direktorin auf eine Prognose, wonach bis 2030 in Österreich 100.000 Pflegekräfte fehlen werden.
Darüber hinaus ist eine für Moser vorstellbare Maßnahme zur Integration geflüchteter und vertriebener Menschen in den Arbeitsmarkt ein Chancen-Aufenthaltsrecht, wie es bereits in Deutschland beschlossen wurde. Demnach sollen Menschen, die gut im Land integriert sind, auch gute Chancen erhalten. Denn: „Wir brauchen sie alle – in unserem eigenen Interesse“, so Moser.