Körtner zeigt Grenzen Künstlicher Intelligenz auf
Theologe in Gastkommentar: „Computer beantworten keine Sinnfragen”
Wien (epdÖ) – In einem Gastkommentar unter dem Titel „Verkörperte Vernunft“ in der „Wiener Zeitung“ (Wochenend-Ausgabe vom 10./11. Juni) befasst sich Ulrich Körtner mit menschlicher Intelligenz in Zeiten zunehmender Künstlicher Intelligenz (KI). Der Ordinarius für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien zeigt dabei die Grenzen von KI auf und verweist auf die einzigartigen Stärken menschlicher Vernunft. Diese sei mehr als nur Denken, vielmehr schließe sie auch den Körper mit ein. „Unsere Vernunft oder Intelligenz ist von unserem Körper gar nicht ablösbar“, zeigt sich Körtner überzeugt. „Bewusstsein und Denken sind auch keine auf dem Gehirn als Hardware hochgeladene Software.“
„Wenn man den Propheten des Transhumanismus und der Künstlichen Intelligenz glauben möchte, könnte dem Homo sapiens seine Stunde schlagen“, schreibt Körtner und stellt die pointierte Frage in den Raum: „Ist der Mensch ein Auslaufmodell?“ Und weiter gefragt: Ließe sich der Mensch als denkendes, fühlendes und zur Verantwortung fähiges Wesen eines Tages durch Maschinen und KI ersetzen? „Dass Letztere viele Aufgaben übernehmen kann, die bisher von Menschen ausgeführt wurden, liegt auf der Hand“, konstatiert der Theologe.
Allerdings setze Denken im gehaltvollen Sinne des Wortes ein Bewusstsein voraus und unterscheide sich fundamental von maschineller Datensammlung und Informationsverarbeitung. „Bewusstsein aber ist keine Eigenschaft von artifiziellen Systemen der Datenauswertung, sondern eine spezifische Eigenschaft von Lebewesen aus Fleisch und Blut.“ Körtner verweist auf Professor Thomas Fuchs von der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg. Dieser sei der Ansicht, dass es ohne organisches Leben und Bewusstsein – und das bedeutet: ohne subjektives Erleben – keine wirkliche Intelligenz geben könne. „Das Erleben selbst aber ist nicht künstlich herstellbar, sondern allenfalls virtuell zu simulieren“, schreibt Körtner weiter.
Gehirn und Körper als komplexe Einheit
Körtner weist darauf hin, dass nicht unser Gehirn denke, „sondern wir denken mithilfe unseres Gehirns, das nicht vom übrigen Körper isoliert existiert, sondern mit diesem eine komplexe organische Einheit bildet“. Darüber hinaus gebe es auch nicht nur das Gedächtnis im Gehirn, sondern ein Körpergedächtnis. Dieses äußere sich zum Beispiel in erlernten Körperbewegungen – etwa beim Radfahren, Tanzen oder Klavierspielen – und sei auch noch bei Menschen, die an Demenz leiden, weitgehend intakt.
Während Maschinen Algorithmen folgten, sei das Gehirn „vielmehr plastisch und verändert seine Struktur im Verlauf des Lebens und in Folge von Denkprozessen“, weiß Körtner. Kurzum: „Programme von Künstlicher Intelligenz sind keine denkenden Personen, und Personen sind keine Programme der Informationsverarbeitung. Computer stellen und beantworten keine Sinnfragen – sie verstehen sie gar nicht.“ Insofern liege schon dem Begriff „Künstliche Intelligenz“ ein Missverständnis dessen, was Intelligenz ihrem Wesen nach ist, zugrunde.
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