Gegen alle Menschenfresser
Michael Chalupka über die ungewöhnliche Theologin Dorothee Sölle
Die Sprache der Philosophie und der Theologie ist nicht immer eingängig. Die deutsche Theologin Dorothee Sölle hatte nie ein Problem damit, sich verständlich zu machen. Ihre Bücher sind Bestseller geworden und in viele Sprachen übersetzt. In dieser Woche jährte sich ihr Todestag zum 20. Mal. Generationen von Kirchenfrauen und –männern sind mit ihren Überlegungen, die sie in New York lehrte, groß geworden. An eine europäische Universität wurde sie nie berufen.
Dazu war ihre Theologie wohl zu verständlich und zu radikal. Sie wollte und konnte sich Gott nicht als Allmächtigen vorstellen und wohl auch nicht als Mann. Sie war überzeugt, dass Gott in seinem Himmel droben nicht allein sein will. „Gott braucht uns, und wir brauchen Gott“, brachte sie ihre Überzeugung in einem ihrer letzten Bücher auf den Punkt. Jesus braucht seine Jünger. Gott braucht uns Menschen. „Er hat keine anderen Hände als die unseren.“ Gott ist ein Freund der Menschen und stellt sich deshalb gegen alle „Menschenfresser“ wie Krieg oder Nationalismus, so Sölle.
Dass sie mit den Konfessionsgrenzen schon lange nichts mehr anfangen konnte und sogar Wahrheit in verschiedenen Religionen suchte, machte sie bei den Hütern der ewigen Wahrheiten in den verschiedenen Kirchen auch nicht gerade beliebter. Doch weil sie eine spannende Denkerin war, lohnt es sich, ihre Bücher wieder einmal zur Hand zu nehmen und mit etwas Abstand zu lesen.
(Bildnachweis: Das verwendete Bild wurde unter der Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication veröffentlicht.)